BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat die Vermarktung der Nulltarif-Optionen „Telekom StreamOn“ und „Vodafone Pass“ wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Netzneutralität untersagt.

Das Verbot erfolgte vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von September 2021 (vgl. unsere Meldung). In seinen Urteilen hatte der EuGH entschieden, dass die beiden Tarifoptionen mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung des Datenverkehrs unvereinbar und daher unionsrechtswidrig sind.

Nach den Ausführungen der BNetzA verstünde der EuGH den Grundsatz der Gleichbehandlung als allgemeines Gleichbehandlungsgebot. Er untersage also sowohl technische als auch tarifliche Ungleichbehandlungen zwischen verschiedenen Verkehrsarten innerhalb eines Tarifs. Bei den Nulltarif-Optionen werden bestimmte Dienste und Anwendungen, beispielsweise Video- und Musikstreaming, nicht auf das monatliche Datenvolumen angerechnet. Sie sind damit unbegrenzt nutzbar.

Die beiden Mobilfunk-Tarife dürfen ab Juli 2022 nicht mehr vertrieben werden. Bestandsverträge sind bis Ende März 2023 abzuwickeln. Die Umsetzungsfrist begründete die Aufsichtsbehörde mit der großen Zahl an Bestandskunden, denen ein Übergang auf andere Tarife ermöglicht werden müsse.

Die BNetzA prognostiziert, dass sich die Einstellung der Zero-Rating-Optionen insgesamt positiv auf den deutschen Mobilfunkmarkt auswirken wird. So sei zu erwarten, dass sich „der Trend zu Tarifen mit höheren Datenvolumina und günstigeren Mobilfunk-Flatrates beschleunigen wird.“

 

 

Quellen

BVerwG, Pressemitteilung Nr. 26/2022 vom 28.04.2022, abrufbar unter:
https://www.bverwg.de/de/pm/2022/26.

Legal Tribune Online, Rundfunkbeitrag kann nur ausnahmsweise in bar gezahlt werden, Meldung vom 28.04.2022, abrufbar unter:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-6c221-barzahlung-rundfunkbeitrag-moeglich-kein-girokonto-gez-hessischer-rundfunk/.

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Das OLG Hamburg bejaht in Teilen eine Rechtsverletzung durch das Sampling, geht aber für die Zeit ab dem Inkrafttreten des neuen Urheberrechtsgesetzes davon aus, dass die neue Pastiche-Schranke greift.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 28. April 2022 – 5 U 48/05

Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt der Streit um den „Kraftwerk“-Titel „Metall auf Metall“ die Gerichte. Mit seinem aktuellen Urteil hat das OLG Hamburg zum dritten Mal eine Entscheidung in diesem Fall getroffen. Entsprechend den Vorgaben des BGH unterscheidet das Gericht zwischen mehreren Zeiträumen. Für die Zeit vor dem 22. Dezember 2002 stehen der Musikgruppe Kraftwerk keine Ansprüche zu, da das Sampling zwar eine Vervielfältigung ist, aber in analoger Anwendung der Regelung über die freie Benutzung (§ 24 UrhG a.F.) für zulässig erklärt wurde.

Anders liegt der Fall für die Zeit seit dem In-Kraft-Treten der InfoSoc-Richtlinie. Denn nach dem 22. Dezember 2002 kann das Sampling nicht durch eine Schrankenregelung gerechtfertigt werden. Dies hat der BGH bereits 2020 entschieden. Das OLG musste allerdings prüfen, ob in diesem Zeitraum eine Vervielfältigung stattgefunden hat. Aufgrund des Angebots zweier Tonträger im Jahre 2004 hat das OLG das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr für eine Vervielfältigung bejaht. Dementsprechend steht Kraftwerk ein Schadensersatzanspruch und ein Anspruch auf Auskunft und Herausgabe der Vervielfältigungsstücke zu.

Mit In-Kraft-Treten des neuen Urheberrechtsgesetzes am 7. Juni 2021 zeigt sich wiederum eine veränderte Rechtslage. Angeregt durch den Rechtsstreit um „Metall auf Metall“ wurde mit § 51a UrhG die neue Pastiche-Schranke eingeführt, die – entsprechend der Gesetzesbegründung – auch das Sampling erfassen soll. Das OLG geht davon aus, dass die Vervielfältigung der Sequenz aus „Metall auf Metall“ als Pastiche zu qualifizieren und damit gerechtfertigt ist. Da die Auslegung des Begriffs allerdings noch ungeklärt ist und es sich um einen Begriff des Unionsrechts handelt, hat der Senat die Revision zugelassen.

Ergänzung (17.05.2022):

Die Band Kraftwerk hat Revision gegen das Urteil des OLG Hamburg eingelegt. Somit muss der BGH sich zum fünften Mal mit dem Fall beschäftigen.

Quelle

Lto, „Metall auf Metall“ kann weitergehen, Beitrag vom 28.04.2022, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/olg-hamburg-54u4805-metall-auf-metall-kraftwerk-moses-pelham-sampling-20-jahre-zu-ende-geht-weiter/

Lto, Streit um “Metall auf Metall” geht immer noch weiter, Beitrag vom 13.05.2022 , abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-izr7422-olg-hamburg-5u4805-metall-auf-metall-kraftwerk-legt-revision-ein-moses-pelham-sampling/  

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Der Barzahlungsausschluss in der Rundfunkbeitragssatzung des Hessischen Rundfunks ist rechtswidrig. Beitragspflichtigen, die nachweislich kein Girokonto eröffnen können, muss eine Zahlung mit Bargeld ohne Zusatzkosten ermöglicht werden.

Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 27. April 2022 – 6 C 2.21, 6 C 3.21

Die als Wohnungsinhaber rundfunkpflichtigen Kläger wandten sich gegen die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge durch den Hessischen Rundfunk (HR) und wollten ihn hilfsweise in bar zahlen. Eine Barzahlung lehnte der HR ab und begründete dies mit § 10 Abs. 2 seiner Beitragssatzung, nach der der Rundfunkbeitrag nur durch Lastschrifteinzug, Einzel- oder Dauerüberweisung entrichtet werden kann.

Nachdem die Klage in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte, legte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mehrere Fragen zur Auslegung des Begriffs des gesetzlichen Zahlungsmittels im Unionsrecht sowie zur Reichweite der ausschließlichen Kompetenz der EU im Bereich der Währungspolitik zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Der EuGH stellte dabei fest, dass Zahlungen an öffentliche Stellen grundsätzlich in bar angenommen werden müssten. Jedoch seien die Mitgliedsstaaten in bestimmten Fällen befugt, Ausnahmen von der Annahmepflicht vorzusehen, beispielsweise dann, wenn dies einem öffentlichen Interesse diene (vgl. unsere Meldung). Der Ausschluss der Barzahlungsmöglichkeit in § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung diene sowohl der Kostenersparnis als einer effizienten Durchsetzung der Beitragserhebung und sei daher geeignet, das verfolgte Ziel von öffentlichem Interesse zu erreichen. Die Prüfung, ob die Beschränkung verhältnismäßig sei, obliege letztlich aber dem vorlegenden Gericht.

Unter Berücksichtigung der EuGH-Entscheidung sah das BVerwG im ausnahmslosen Barzahlungsausschluss des § 10 Abs. 2 der Satzung nun einen Verstoß gegen Unionsrecht. Beitragspflichtige, die keinen Zugang zu einem Girokonto haben, würden unverhältnismäßig beeinträchtigt. Da Bareinzahlungen bei einem Kreditinstitut mit Zusatzkosten verbunden seien, könne auch nicht auf diese Möglichkeit verwiesen werden. Der Barzahlungsausschluss stelle deswegen auch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG dar.

Das BVerwG ordnete mit dieser Begründung an, § 10 Abs. 2 der Beitragssatzung übergangsweise mit der Maßgabe anzuwenden, dass Beitragspflichtige, die nachweislich kein Girokonto eröffnen können, den Beitrag auch mit Bargeld ohne Zusatzkosten einzahlen können.

Weil die Kläger jeweils über ein Girokonto verfügten, konnten sie sich auf die Ausnahme nicht berufen. Ihre Revisionen blieben daher erfolglos.

 

Quellen

BVerwG, Pressemitteilung Nr. 26/2022 vom 28.04.2022, abrufbar unter:
https://www.bverwg.de/de/pm/2022/26.

Legal Tribune Online, Rundfunkbeitrag kann nur ausnahmsweise in bar gezahlt werden, Meldung vom 28.04.2022, abrufbar unter:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-6c221-barzahlung-rundfunkbeitrag-moeglich-kein-girokonto-gez-hessischer-rundfunk/.

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Klage Polens gegen Art. 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie abgewiesen. Der Einsatz von sog. Upload-Filtern sei mit europäischem Recht vereinbar.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 26. April 2022 – C-401/19

Die polnische Regierung hatte im Mai 2019 im Wege einer Nichtigkeitsklage beanstandet, dass Art. 17 der Richtlinie 2019/790 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt (auch: DSM-Richtlinie) die in der EU-Grundrechtecharta verbürgte Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit verletze. Der EuGH wies diese Ansicht zurück. Die Prüfpflicht für Onlinedienste sei mit den erforderlichen Garantien verbunden, um die genannten Freiheiten zu gewährleisten. Mit seinem Urteil folgt der EuGH dem Schlussantrag von Generalanwalt Saugmandsgaard Øe (vgl. unsere Meldung) und bestätigt die Rechtmäßigkeit eines zentralen Elements der EU-Urheberrechtsreform.

Art. 17 der DSM-Richtlinie ermöglicht die Einführung der umstrittenen Uploadfilter. Soziale Netzwerke wie Instagram, YouTube und TikTok können mit diesen Filtern Inhalte auf Rechtsverletzungen prüfen und sie bei Bedarf blockieren. Grundsätzlich sieht die Vorschrift eine unmittelbare Haftung der Diensteanbieter vor, wenn Nutzer geschützte Werke rechtswidrig hochladen. Die Anbieter können sich jedoch von der Haftung befreien, indem sie von den Nutzern hochgeladene Inhalte aktiv überwachen.

Um eine Haftungsbefreiung zu erlangen, seien die Anbieter de facto verpflichtet, eine vorherige Kontrolle der Inhalte durchzuführen, die auf der Plattform hochgeladen werden sollen, so der EuGH. Wegen der hohen Zahl an Dateien und der Art des Schutzgegenstands seien sie gezwungen, dabei Instrumente zur automatischen Erkennung und Filterung einzusetzen.

Zwar stelle die Haftungsregelung eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit dar. Diese sei jedoch gerechtfertigt, weil der Unionsgesetzgeber in Art. 17 DSM-RL klare Grenzen für den Einsatz von Uploadfiltern gesetzt habe. Denn die Vorschrift schließe ausdrücklich aus, dass durch den Einsatz der Maßnahmen beim Hochladen auch rechtmäßige Inhalte gefiltert oder gesperrt werden. Es sei insbesondere vorgesehen, dass es keine allgemeine Überwachungspflicht geben dürfe, nach der ein Diensteanbieter die Inhalte eigenständig auf Urheberrechtsverstöße prüfen müsse, um ihre Rechtswidrigkeit festzustellen. Art. 17 DSM-RL führe zudem verfahrensrechtliche Garantien für solche Fälle ein, in denen Inhalte irrtümlich oder ohne Grundlage gesperrt wurden.

In seinem Urteil wies der EuGH auch auf die Rolle der Mitgliedstaaten hin. Diese müssten bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht sicherstellen, dass die betroffenen Grundrechte in ein angemessenes Gleichgewicht gebracht werden. In Deutschland wurde Art. 17 im Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz umgesetzt (vgl. unsere Meldung).

 

Quellen

EuGH, Urteil vom 26.04.2022 in der Rechtssache C-401/19, abrufbar unter:
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=258261&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1261098

EuGH, Pressemitteilung Nr. 65/22 vom 26.04.2022, abrufbar unter:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2022-04/cp220065de.pdf.

Legal Tribune Online, Upload-Filter verstoßen nicht gegen EU-Recht, Meldung vom 26.04.2022, abrufbar unter:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/eugh-c40119-art-17-dsm-richtlinie-2019-790-uploadfilter-verstoss-kein-verstoss-eu-recht-unionsrecht-meinungsfreiheit/.

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Der Rat der Europäischen Union, das Europäische Parlament und die EU-Kommission haben sich im Trilog auf einen finalen Text für den Digital Services Act (DSA) geeinigt. Die Verordnung soll die Regulierung von Online-Plattformen harmonisieren und den Grundrechtsschutz für Nutzer im digitalen Raum verbessern.

Ihren Vorschlag zum DSA hatte die Kommission im Dezember 2020 vorgelegt, Rat und Parlament jeweils eigene Positionen erarbeitet und eingebracht (vgl. unsere Meldung). Die konsolidierte Fassung soll erst in einigen Wochen veröffentlicht werden. Laut einer Pressemitteilung des Rats enthält sie, angestoßen durch die Ereignisse in der Ukraine, unter anderem einen erweiterten Krisenmechanismus, um Nutzerrechte in Bedrohungslagen zu schützen. Außerdem sollen so genannte Dark Patterns, also irreführende Gestaltungen der Benutzeroberfläche, untersagt werden, so der Rat in seiner Mitteilung.

Im Zentrum der avisierten Verordnung steht der Umgang mit rechtswidrigen Inhalten. Der DSA behält das Haftungsregime der E-Commerce-Richtlinie bei. Danach sind Plattformen von einer Haftung für rechtswidrige Inhalte freigestellt, solange sie davon keine Kenntnis haben oder nach Kenntniserlangung unverzüglich reagieren und die Inhalte entfernen. Auch bleibt es dabei, dass die Diensteanbieter nicht dazu verpflichtet werden dürfen, Inhalte aktiv zu überwachen.

Der DSA gestaltet allerdings etwa das Meldeverfahren weiter aus. Die Betreiber von Online-Plattformen müssen ein internes Beschwerdemanagementsystem vorhalten, nötigenfalls Maßnahmen gegen den Missbrauch ihrer Dienste ergreifen und mit nationalen Strafverfolgungsbehörden kooperieren. Anders als das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz sind im DSA indes keine konkreten Löschfristen normiert.

Für den Bereich der Online-Werbung enthält der DSA Transparenz-Pflichten. Werbung muss gekennzeichnet und Nutzer über den Werbenden sowie die Gründe, warum die Werbung gerade ihnen angezeigt wird, informiert werden. Minderjährigen darf keine personalisierte Werbung angezeigt werden.

Zusätzliche Sorgfaltspflichten etabliert der DSA für so genannte sehr große Online-Plattformen ab 45 Millionen aktiven Nutzern pro Monat in der EU. Die Betreiber dieser sehr großen Plattformen, etwa Facebook, Twitter oder TikTok, müssen beispielsweise evaluieren, welche systemischen Risiken für Schutzgüter wie die Grundrechte der Nutzer, für Minderjährige oder für demokratische Wahlen von ihren Diensten ausgehen, gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergreifen und darüber Bericht erstatten.

Bei Nicht-Befolgung der DSA-Vorgaben drohen den Diensteanbietern Sanktionen. Zur Durchsetzung sieht die Verordnung eine mehrgliedrige Aufsichtsstruktur vor. Jeder Mitgliedsstaat soll danach eine Behörde als Koordinator für digitale Dienste benennen. Ein Europäisches Gremium für digitale Dienste, das sich aus den nationalen Koordinatoren zusammensetzt, fungiert als Beratergruppe. Gegenüber sehr großen Online-Plattformen erhält die EU-Kommission weitreichende Kontrollbefugnisse.

Wie das vorgesehene Aufsichtsregime in Deutschland umgesetzt wird, insbesondere welche deutsche Behörde die Funktion des Koordinators für digitale Dienste übernehmen soll, ist noch nicht geklärt. In Betracht kommen etwa die Landesmedienanstalten, das Bundesamt für Justiz oder die Bundesnetzagentur.

Bevor der Digital Services Act in Kraft treten kann, müssen Rat und EU-Parlament die konsolidierte Fassung noch bestätigen.

 

 

Quellen

Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 23.04.2022, abrufbar unter: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/04/23/digital-services-act-council-and-european-parliament-reach-deal-on-a-safer-online-space/

Europäisches Parlament, Pressemitteilung vom 23.04.2022, abrufbar unter: europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220412IPR27111/digital-services-act-agreement-for-a-transparent-and-safe-online-environment

Netzpolitik.org, EU einigt sich auf Digitale-Dienste-Gesetz, Meldung vom 23.04.2022, abrufbar unter: https://netzpolitik.org/2022/durchbruch-eu-einigt-sich-auf-digitale-dienste-gesetz/

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Facebook muss ein Meme mit einem Falschzitat von Renate Künast löschen. Das gilt auch für Varianten des Posts mit kerngleichem Inhalt, ohne dass es eines erneuten Hinweises der Politikerin an die Plattform bedarf.

Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.04.2022 – 2-03 O 188/21

Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast hatte von Facebook-Betreiberin Meta verlangt, eine bestimmte Wort-Bild-Kombination, ein sogenanntes „Meme“, mit einem ihr untergeschobenen Falschzitat sowie alle Varianten dieses Memes mit kerngleichem Inhalt zu löschen. Auf Facebook kursierte eine Abbildung der Politikerin mit dem Zitat „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!“ Das hatte Künast jedoch nie gesagt. Der Original-Post war danach in verschiedenen Varianten weiterverbreitet worden, zum Beispiel mit verändertem Layout oder durch Erweiterung oder Weglassen von Textinhalten. Die Varianten hatten dann eine andere URL als der ursprünglich beanstandete Post.

Das Landgericht Frankfurt am Main gab der Klage von Renate Künast statt. Die Politikerin sei durch das Falschzitat in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Zwar sei Facebook nicht verpflichtet, jeden Beitrag auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Wenn jedoch bereits ein konkreter Hinweis auf ein Falschzitat erfolgt sei, müsse die Betroffene den Hinweis nicht für jeden weiteren Rechtsverstoß unter Angabe der URL wiederholen.

Nach Auffassung der zuständigen Pressekammer müsse Facebook selbst feststellen, ob im Einzelfall ein kerngleicher Inhalt vorliege. Die Plattformbetreiberin hätte auch nicht dargelegt, dass ihr eine solche Überprüfung technisch oder wirtschaftlich nicht zugemutet werden könne. Das gelte sogar für Fälle, in denen für die Beurteilung eines abgewandelten Inhalts eine menschliche Moderationsentscheidung notwendig würde.

Das Landgericht billigte Renate Künast außerdem eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000 Euro zu. Es sieht Meta schon wegen der Veröffentlichung des persönlichkeitsrechtsverletzenden Posts in der Mitverantwortung. Die Betreiberin sei ihrer Verpflichtung, weitere Falschzitaten von der Plattform zu entfernen, nicht nachgekommen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden.

Quellen

Landgericht Frankfurt am Main, Ehrverletzung durch Falschzitat in sozialem Netzwerk, Pressemitteilung vom 08.04.2022, abrufbar unter: https://ordentliche-gerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/ehrverletzung-durch-falschzitat-in-sozialem-netzwerk

Legal Tribune Online, Facebook muss weiterverbreitete Falschzitate selbstständig löschen, Meldung vom 08.04.2022, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/203o18821-lg-frankfurt-kuenast-persoenlichkeitsrecht-falschzitat-schmerzensgeld/

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Der Europäische Gerichtshof hat in einem irischen Fall seine Rechtsprechung zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsdatenspeicherung fortgesetzt und deren Verbot auch zum Zweck der Bekämpfung schwerer Straftaten bekräftigt.

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 05. April 2022 – C-140/20

Hintergrund des Falles ist die Verurteilung eines irischen Staatsbürgers wegen Mordes. Im Strafverfahren hatte der damalige Angeklagte geltend gemacht, es seien zu Unrecht Verkehrs- und Standortdaten im Zusammenhang mit Telefonanrufen als Beweismittel zugelassen worden. Parallel dazu betreibt er ein Zivilverfahren, um feststellen zu lassen, dass das irische Gesetz über die Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten seine Rechte aus dem Unionsrecht verletzte.

Der EuGH bestätigte seine Rechtsprechung (vgl. u.a. unsere Meldung), wonach die allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten, die elektronische Kommunikationen betreffen, auch zum Zweck der Bekämpfung schwerer Straftaten unzulässig ist.

Das Ziel der Bekämpfung schwerer Kriminalität könne für sich genommen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht rechtfertigen. Kriminalität sei eine allgemeine und ständige Gefahr. Sie sei daher einer als real und aktuell oder vorhersehbar einzustufenden Bedrohung der nationalen Sicherheit etwa durch Terrorismus, zu deren Bekämpfung eine zeitlich begrenzte Vorratsdatenspeicherung verhältnismäßig sein könne, nicht gleichzustellen.

Der Gerichtshof machte deutlich, dass es vor diesem Hintergrund auch gegen Unionsrecht verstoße, wenn Ermittlungsbehörden zum Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung auf Daten zugreifen dürfen, die ursprünglich zum Schutze der nationalen Sicherheit und nicht zur Strafverfolgung gespeichert worden sind. Es bestehe die Gefahr, dass die gespeicherten Daten für ein Ziel von geringerer Bedeutung eingesetzt würden als das Ziel, das die Speicherung gerechtfertigt hatte.

Schließlich müsse auch sichergestellt sein, dass über Anträge der Polizei auf Zugang zu auf Vorrat gespeicherten Daten kein Polizeibeamter entscheide, sondern ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsstelle.

Der EuGH bekräftigte indes auch, dass es Sache der Mitgliedsstaaten sei, zu regeln, ob aus unzulässiger Vorratsdatenspeicherung erlangte Beweismittel einem Verwertungsverbot unterliegen.

Zugleich zeigte der Gerichtshof in seinem Urteil auf, in welchen Bereichen Datenspeicherungsmaßnahmen unionsrechtskonform möglich sind.

Eine gezielte Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten sei beispielsweise anhand geografischer Kriterien zulässig. Die Mitgliedsstaaten könnten Rechtsvorschriften erlassen, die eine allgemeine Speicherung von Daten aus elektronischen Kommunikationsmitteln etwa an strategischen Orten, wie Flughäfen oder Bahnhöfen, oder an Kriminalitätsschwerpunkten vorsehen. Auch dürfe der Erwerb etwa einer SIM-Karte von der Überprüfung amtlicher Dokumente abhängig gemacht und diese Daten gespeichert werden.

Ebenfalls zulässig sei das so genannte „Quick-Freeze-Verfahren“. Das Unionsrecht lasse es zu, dass Daten, die ein Kommunikationsanbieter vorübergehend gespeichert hat, zu sichern sind, sobald Strafverfolgungsbehörden wegen einer möglichen schweren Straftat Ermittlungen einleiten können, so der EuGH. Das gelte auch für die Verkehrs- und Standortdaten von Personen, die selbst nicht verdächtigt werden, etwa des Opfers.

 

Quellen

EuGH, Urteil in der Rechtssache C-140/20 vom 05.04.2022, abrufbar unter:

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=257242&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

EuGH, Pressemitteilung vom 05.04.2022, abrufbar unter:

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2022-04/cp220058de.pdf

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Wenn durch den Inhalt eines Nutzer-Accounts eine strafrechtlich relevante Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfolgt, muss die Betreiberin der Social-Media-Plattform Instagram Auskunft über Namen, E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Profilinhabers erteilen.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23.03.2022 – 9 Wx 23/21

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit seinem Beschluss dem Auskunftsantrag einer in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzten Frau stattgegeben, den die Vorinstanz noch abgelehnt hatte.

Eine unbekannte Person hatte einen Instagram-Account mit dem Vornamen der minderjährigen Antragstellerin und der Angabe „wurde gehackt“ erstellt und dort einen Ordner mit Bildern veröffentlicht. Die Bilder zeigten eine junge Frau in Unterwäsche, deren Gesicht verdeckt ist. Auf dem Foto waren Äußerungen zu lesen, die den Eindruck erweckten, dass die abgebildete Person an einer Vielzahl von sexuellen Kontakten interessiert sei. Klassenkameraden sprachen die Antragstellerin auf den Inhalt des Accounts an, nachdem sie diese auf den Bildern erkannt hatten. Sie meldete das Fake-Profil der Plattformbetreiberin. Instagram sperrte den Account zwar, weigerte sich aber, die Daten des unbekannten Erstellers herauszugeben. Auch das Landgericht Flensburg lehnte einen Auskunftsanspruch ab.

Die gegen die Ablehnung gerichtete Beschwerde vor dem Oberlandesgericht hatte im Hinblick auf den Namen, die E-Mail-Adresse und die Telefonnummer des Nutzers, der das falsche Profil erstellt hatte, Erfolg. Die Antragstellerin könne ihren Anspruch auf Auskunftserteilung über Bestandsdaten gegenüber Instagram auf § 21 Absätze 2 und 3 Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) stützen. Ein solcher Auskunftsanspruch bestehe, soweit die Auskunft zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte erforderlich ist.

Die Schaffung des Fake-Accounts und das Einstellen der Fotos mit Kommentaren erfüllten im Zusammenhang gesehen den Tatbestand der Beleidigung im Sinne des § 185 StGB. Es würde suggeriert, dass die Antragstellerin sich auf diese Weise zur Schau stellen und den Besuchern der Seite ihr vermeintliches sexuelles Interesse mitteilen wollte. Weil ihr diese unsittliche Verhaltensweise zugeordnet wird, werde der soziale Geltungswert der Antragstellerin gemindert.

Damit die Antragstellerin ihre Rechte gegenüber dem unbekannten Ersteller des Fake-Accounts zivilrechtlich geltend machen kann, sei sie auf die Auskunft der Plattformbetreiberin angewiesen. Eine andere Möglichkeit, den Ersteller des Nutzerkontos zu ermitteln, habe sie nicht.

Nach Auffassung des OLG erstreckt sich der Auskunftsanspruch lediglich auf Bestandsdaten, nicht aber auf Nutzungsdaten wie die IP-Adresse. Anders als nach alter Rechtslage sehe das TTDSG einen Anspruch von Privatpersonen auf Auskunft über Nutzungsdaten nicht mehr vor. Das Gericht verneinte mangels planwidriger Regelungslücke auch eine analoge Anwendung des § 21 TTDSG auf Nutzungsdaten. Lediglich öffentliche Stellen könnten diese Daten nach § 24 Absatz 3 TTDSG herausverlangen.

Quelle

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 23.03.2022, abrufbar unter: https://openjur.de/u/2392332.html

Beck-aktuell, Instagram muss nach Persönlichkeitsrechtsverletzung Auskunft erteilen, Meldung vom 25.03.2022, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/olg-schleswig-instagram-muss-nach-persoenlichkeitsrechtsverletzung-auskunft-erteilen

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Im Streit um die „Tagesschau“-App hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Norddeutschen Rundfunks (NDR) nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerde sei unzulässig, weil sie nicht den Darlegungsanforderungen genüge.

Der Beschluss erging vor dem Hintergrund eines jahrelangen Rechtsstreits zwischen Verlagen und der Landesrundfunkanstalt um die App, der schon im Jahr 2011 seinen Anfang genommen hatte. Die Verlage hatten sich damals gegen ein aus ihrer Sicht zu umfangreiches Textangebot in der „Tagesschau“-App gewandt. Ihr Vorbringen: Weil sie über den Rundfunk-Beitrag finanziert werde, verzerre die App den Markt. Im Jahr 2016 hatte das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass die Ausgabe des Angebots der „Tagesschau“-App vom Tag des 15. Juni 2011 zu presseähnlich gewesen sei.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde habe sich der NDR nach eigener Aussage gegen die Entscheidung des OLG Köln aus dem Jahr 2016 gerichtet. Nach Ansicht der Rundfunkanstalt hätten wesentliche Aspekte der Rundfunkfreiheit in der Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden. Der NDR sieht in dem Beschluss keine Entscheidung in der Sache. Vielmehr liege der Grund für die Nichtannahme darin, dass sich die gesetzlichen Grundlagen für das Verfahren mit der Änderung des Rundfunkstaatsvertrags im Jahr 2019 maßgeblich verändert hätten.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) interpretiert die Entscheidung anders. Nach Ansicht des BDZV stehe nunmehr fest, dass presseähnliche Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Netz unzulässig seien. Auch bestätige der Beschluss, dass die Regeln im Medienstaatsvertrag zum Verbot presseähnlicher Angebote verfassungsgemäß seien. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

Quellen

BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2022 – 1 BvR 717/18, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/02/rk20220223_1bvr071718.html

Beck-aktuell, NDR scheitert mit Verfassungsbeschwerde zur „Tagesschau“-App, Meldung vom 28.03.2022, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bverfg-ndr-scheitert-mit-verfassungsbeschwerde-zur-tagesschau–app

BNetzA: Untersagung von Zero-Rating-Optionen

Die Süddeutsche Zeitung hat im Streit um die Veröffentlichung der Olearius Tagebücher vor dem OLG Hamburg verloren.

Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. März 2022, Az. 7 U 25/21

Im Streit um die Veröffentlichung von Auszügen aus einem Tagebuch des Miteigentümers der Warburg Bank Christian Olearius hat das Hanseatische OLG die Berufung der Süddeutschen Zeitung zurückgewiesen. Wie bereits das Landgericht Hamburg im März 2021 festgestellt hat, war die Veröffentlichung von nicht freigegeben Auszügen aus dem Tagebuch rechtswidrig.

Zur Begründung führt das Gericht an, dass die Tagebücher amtliche Dokumente in einem Strafverfahren seien, aus denen nicht wörtlich zitiert werden dürfe. Anders liege der Fall allerdings für solche Tagebuch-Passagen, die bereits öffentlich Gegenstand im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft gewesen seien.

Hintergrund des Verfahrens ist die Berichterstattung über den Cum-Ex-Skandal. Im Zuge dessen hatte die Süddeutsche Zeitung Teile der privaten Tagebücher veröffentlicht, die im März 2018 bei einer Durchsuchung beschlagnahmt wurden. Olearius sah sich durch die Veröffentlichung in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und hat Klage gegen die Zeitung eingereicht.

Das Hanseatische OLG hat die Revision zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfragen zugelassen. Der Prozessbevollmächtigte der Süddeutschen Zeitung Martin Schippan hat angekündigt, die Möglichkeit der Revision nutzen zu wollen.

Quelle

lto, Süddeutsche darf nicht aus Tagebüchern zitieren, Meldung vom 22.03.2022, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/sueddeutsche-olearius-tagebuecher-urteil-berufung-cum-ex-hamburg-scholz-olaf/