EuGH: Pauschale Vorratsdatenspeicherung bleibt unzulässig

Der EuGH hat sich gegen eine pauschale Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Allerdings sollen Ausnahmen möglich sein, soweit eine konkrete und erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt.

Urteile des Gerichtshofs in der Rechtssache C-623/17 – Privacy International und den verbundenen Rechtssachen C-511/18 – La Quadrature du Net, C-512/18 – French Data Network, C-520/18 – Ordre des barreaux francophones et germanophone

In den Vorabentscheidungsverfahren hatte sich der EuGH erneut mit der Frage der Zulässigkeit der Vorratsdatenspeicherung zu beschäftigen. Im Rahmen des Urteils in der Rechtssache Privacy International hat er zunächst seine bisherige Rechtsprechung weitgehend bestätigt. Es gilt also weiterhin, dass eine generelle und unterschiedslose Speicherung und Übermittlung von Daten an staatliche Institutionen nicht mit der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (RL 2002/58/EG) vereinbar ist.

In den verbundenen Rechtssachen La Quadrature du Net und Ordre des barreaux francophones et germanophone schließt der EuGH die unterschiedslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten als Präventivmaßnahme aus. Jedoch kann eine allgemeine, unterschiedslose Speicherung erlaubt sein, wenn eine ernsthafte Bedrohung der nationalen Sicherheit konkret besteht oder vorhersehbar ist. In einem solchen Fall, dürfen Maßnahmen erlassen werden, die eine pauschale Vorratsdatenspeicherung ermöglichen. Allerdings muss diese Speicherung zeitlich auf das Notwendige begrenzt werden und eine effektive Beurteilung durch ein Gericht oder eine andere unabhängige Stelle möglich sein.

Zudem hat der EuGH festgestellt, dass die Richtlinie auch auf Vorschriften Anwendung finden kann, bei denen es um die nationale Sicherheit eines Mitgliedstaates geht, soweit es um die Speicherung und Übermittlung von Verkehrs- und Standortdaten von Kommunikationsanbietern geht. Dies wurde von den Mitgliedstaaten in Frage gestellt, da sie die Gewährleistung der nationalen Sicherheit und eine effektive Strafverfolgung durch die bisherige Rechtsprechung eingeschränkt sehen.

Hintergrund der Urteile sind Vorabentscheidungsverfahren aus dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Belgien. Anhand der Kriterien des EuGH müssen die nationalen Gerichte nun über die einzelnen Regelungen entscheiden. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass aktuell auch ein Verfahren aus Deutschland beim EuGH anhängig ist (C-793/19), bei dem es um Fragen der Vorratsdatenspeicherung geht.

 

Quelle:

Pressemitteilung des EuGH vom 06. Oktober 2020 zur Rechtssache C-623/17 – Privacy International und den verbundenen Rechtssachen C-511/18 – La Quadrature du Net, C-512/18 – French Data Network, C-520/18 – Ordre des barreaux francophones et germanophone, in englischer Sprache: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2020-10/cp200123en.pdf