Das Mainz Media Forum drehte sich am 9. Oktober 2025 um den Datenschutz und dessen Rolle in der neuen Medienrealität. Die Co-Direktoren, Prof. Dr. Matthias Cornils und Dr. Simone Schelberg, eröffneten die Veranstaltung und begrüßten die Vortragenden, Prof. Dr. Dieter Kugelmann, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz und Prof. Dr. Anne Lauber-Rönsberg, Professorin für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht, insbes. Urheberrecht, Medien- und Datenschutzrecht an der Technischen Universität Dresden, Professor Dr. Matthias Bäcker, Professor für Öffentliches Recht und Informationsrecht, insbesondere Datenschutzrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der die Veranstaltung moderierte, sowie die zahlreichen interessierten Gäste.
Prof. Dr. Dieter Kugelmann startete mit seinen Ausführungen zum Thema „Strukturwandel digitaler Öffentlichkeit? Datenschutzrechtliche Fragen der Medien in Zeiten von KI“. Er erläuterte zunächst grundlegende Zusammenhänge von Datenschutz und Medien und erklärte Unterschiede in Aufsichtsregimen der jeweiligen Rechtsgebiete. Dabei ging er insbesondere auf die Bedeutung der Datenschutzbeauftragten ein und zog Fazits zu aktuellen Themen in Querschnittsmaterien wie etwa der Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Stellen auf Social Media Plattformen. Der Vortrag widmete sich dann den Veränderungen, die durch Künstliche Intelligenz zunehmend Einzug in den Medienbetrieb erhalten. Dabei ging er auf Chancen, aber auch auf Risiken der neuen Technologie ein. Auch in der Regulierung von KI-Systemen gebe es Überschneidungen mit Datenschutz, die auch in der Rolle der Datenschutzbeauftragten zu behandeln seien. Ein wesentlicher Unterschied liege darin, dass die DSGVO einen nur teilweise risikobasierten Ansatz verfolge, während die KI-VO einen durchgehend risikobasierten Ansatz zu Grunde lege. Dem Datenschutz komme auch in den sich verändernden Bedingungen eine wichtige Rolle zu, da er neue Prozesse nach bekannten Grundsätzen begleite und zum Teil auch einhege. Dies geschehe etwa durch Zweckbindungen und Rechenschaftspflichten. Insgesamt trage der Datenschutz so dazu bei, dass KI rechtmäßig und grundrechtsschonenden implementiert werden könne.
Im folgenden Vortrag von Prof. Dr. Anne Lauber-Rönsberg ging es dann um das datenschutzrechtliche Medienprivileg aus Art. 85 DSGVO. Ihre Ausführungen leitete sie mit einer Gegenüberstellung von DSGVO- und äußerungsrechtlichen Ansprüchen dar, die auf verschiedener Ebene unterschiedlich seien. Wegen dem Vorrang der DSGVO komme dem Medienprivileg eine hohe Bedeutung zu, weil es, soweit angewendet, die Verordnung doch derogiere. Eine wichtige Bedeutung habe dabei die Frage, wann journalistische Zwecke i. S. d. Art. 85 DSGVO vorlägen – das Tatbestandsmerkmal werde meist sehr weitgehend ausgelegt. Dies illustrierte sie unter Zuhilfenahme verschiedener Gerichtsentscheidungen. So seien etwa bei einem Video zu Werbezwecken, aber auch bei der Gerichtsentscheidungsbank „OpenJur“ journalistische Zwecke angenommen worden. In nicht wenigen Fällen, die vor deutschen Gerichten nach dem nationalen Äußerungsrechtsregime gelöst würden, stelle sich die Frage, ob nicht eigentlich Ansprüche aus der DSGVO vorrangig zu prüfen seien. Zudem könne es zu Überschneidungen kommen, die allerdings in der Praxis noch nicht vollständig angekommen seien. Art. 85 DSGVO erweise sich insgesamt als „Pendeltür“ zwischen Datenschutz- und Äußerungsrecht. Die Durchlässigkeit werde einerseits durch den Unionsgesetzgeber und den EuGH bestimmt, zum anderen aber auch durch den nationalen Gesetzgeber, der von seinen Derogationsbefugnissen mehr oder weniger weit Gebrauch machen könne.
Den Vorträgen schloss sich eine Diskussion über die aufgeworfenen Fragen mit dem Publikum an. Dabei ging es etwa um Fragen zur Aufsicht über die KI-Verordnung, der Einordnung von Werbung als journalistisch vor dem Hintergrund ihrer Bedeutung für Journalismusfinanzierung und damit die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit oder der Ausschließlichkeit von Datenschutz- und Äußerungsrecht.
Im Anschluss wurde das neue Studienjahr des Masterstudiengang Medienrecht eröffnet. Studiengangsleiter Prof. Dr. Matthias Cornils. würdigte und verabschiedete die erfolgreichen LL.M.-Absolventinnen und Absolventen des letzten Jahres und begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des neuen 24. Jahrgangs, die sich nun auf ein vielfältiges, intensives und gewinnbringendes Kursprogramm freuen dürften.


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Datenschutzrecht ist längst ein konstitutiver Faktor öffentlicher Kommunikation geworden. Mit dem Einzug künstlicher Intelligenz verändern sich jedoch die Grundbedingungen: Datenverarbeitung wird nicht nur intensiver, sondern auch weniger durchschaubar, Entscheidungs-prozesse entziehen sich zunehmend der unmittelbaren Kontrolle und tradierte Sicherungsmechanismen geraten ins Wanken. Das wirft die Frage danach auf, ob und wie etablierte datenschutzrechtliche Gewährleistungen sich mit den Entwicklungen so in Einklang bringen lassen, dass ihre Schutzfunktion erhalten bleibt.
Künstliche Intelligenz hält gerade auch im Journalismus Einzug und aktualisiert dort bekannte Probleme im Zusammenhang mit Datenschutz. So stellt sich etwa die Frage nach der Reichweite des Medienprivilegs im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI in Redaktionen. Neben den besonderen, durch künstlich intelligente redaktionelle Datenverarbeitung geschaffenen Problemen bleiben zentrale Fragen der unionsdatenschutzrechtlichen Öffnungsklausel für die Medien umstritten. Sie erlangen auch durch Online-Publikationsformate, bei denen unklar ist, ob es sich noch um vom Datenschutz freigestellten Journalismus handelt, neue Brisanz.
Beim Mainz Media Forum wollen wir diese Entwicklungen und die durch sie aufgeworfenen Rechtsfragen diskutieren.
Termin:
Donnerstag, 9. Oktober 2025 von 16:00 bis 18:00 Uhr
Ort der Veranstaltung:
Atrium Maximum (Alte Mensa) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Johann-Joachim-Becher-Weg 5, 55128 Mainz
Eine Anmeldung ist erforderlich:
Bitte melden Sie sich bis zum 01. Oktober 2025 an über: anmeldung@mainzer-medieninstitut.de
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Vorträge
„Strukturwandel digitaler Öffentlichkeit? Datenschutzrechtliche Fragen der Medien in Zeiten von KI"
Prof. Dr. Dieter Kugelmann,
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz
„Das Verhältnis zwischen Datenschutz- und Äußerungsrecht bei medialen Veröffentlichungen“
Prof. Dr. Anne Lauber-Rönsberg, LL.M. (Edinburgh)
Professur für Bürgerliches Recht, Immaterialgüterrecht, insbes. Urheberrecht, Medien- und Datenschutzrecht, Technische Universität Dresden
Moderation
Prof. Dr. Matthias Bäcker,
Stiftungsprofessur für Öffentliches Recht und Informationsrecht, insbesondere Datenschutzrecht, Johannes Gutenberg-Universität Mainz