Rückblick: Mainz Media Forum: Vereinsverbote gegen Medien – Der Fall „Compact“ unter der Lupe


Im Rahmen des Mainz Media Forums am 4. November 2024 ging es im online-Format um die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Staat mit den Mitteln des Vereinsrechts gegen Medien vorgehen kann.  Anlass war das im Sommer durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ausgesprochene Verbot von Compact, das vom BVerwG im Eilverfahren einstweilen suspendiert wurde.

Dr. Sandra Lukosek, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim BVerfG ging in ihrem Vortrag „Vereinsverbote – ein machtvolles Instrument im gewaltengeteilten Staat“ auf die Rolle von Vereinsverboten u.a. für die wehrhafte Demokratie ein. Sie erläuterte, dass es bei Vereinsverboten kein Medienprivileg gebe, dass aber die zugrundeliegende Meinungs- und Pressefreiheit bei der Entscheidung zu berücksichtigen sei. Hierbei habe es in den letzten einschlägigen Entscheidungen gewisse dogmatische Verschiebungen gegeben, die nunmehr – und das sei neu – auch auf Rechtsfolgenseite Bedeutung erlangten.  Zur Hauptsache im Compact-Verfahren prognostizierte sie, dass es vor allem auf die Materialsammlung des BMI ankommen werde, die dem Verein durchgehend verfassungsfeindliches Verhalten nachweisen müsse.

Im Anschluss referierte Prof. Dr. Gusy, Professor für Öffentliches Recht, Staatslehre und Verfassungsgeschichte. Er stellte fest, dass es bislang wenig Verbindungen zwischen Pressefreiheit und Vereinigungsfreiheit gebe, diese nun aber hergestellt würden. Der Schutz von Vereinen ginge über Art. 19 Abs. 3 GG i.V.m. dem jeweiligen Grundrecht ohnehin über den Schutz allein aus Art. 9 Abs. 1 GG hinaus.  In der Compact-Entscheidung habe das BVerfG entschieden, die Grundrechte und ihre Schranken nebeneinander anzuwenden, sodass sich Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 2 GG gegenseitig limitieren könnten. Als Instrument der wehrhaften Demokratie seien Vereinsverbote ambivalent.  Die Grundrechte seien in diesem Kontext immer zu berücksichtigen, da der staatliche Verfassungsschutz sonst Gefahr laufe, sich selbst auszuhebeln. Auch Gusy gab keine feste Prognose für das Hauptsacheverfahren für Compact ab. Er betonte aber, dass die Vorläufige Aufhebung des Verbots angesichts der verhandelten Materie wenig Aussagekraft habe und es durchaus denkbar sei, dass das Verbot letztlich bestätigt werde.

Nach diesen Vorträgen diskutierte Prof. Dr. Cornils mit den beiden Referenten zum Thema. Es ging u.a. um verschiedene Aspekte der wehrhaften Demokratie sowie vereinsspezifische Gefahren als Verbotsvoraussetzung nach Art. 9 Abs. 2 GG. Nach zwei insgesamt sehr anregenden Stunden verabschiedete Cornils das Panel und die Zuhörerinnen und Zuhörer in den Abend.