Rückblick: Mainz Media Forum: Strukturwandel der Presse – Digitale Transformation: Staatlicher Handlungsbedarf?


Mit dem Strukturwandel der Presse und möglichen regulatorischen Reaktionen beschäftigte sich das Mainz Media Forum zu dem die MMI-Direktoren Dr. Simone Schelberg und Prof. Dr. Matthias Cornils am 17. Oktober 2024 im Atrium Maximum der Johannes Gutenberg-Universität die Studierenden des Masterstudiengangs Medienrecht und interessierte Gäste begrüßten.

Prof. Dr. M. Bjørn von Rimscha, Professor für Medienwirtschaft an der JGU, beschäftigte sich in seinem Vortrag zunächst mit der medienökonomischen Perspektive. Als Grundproblem des „informierenden Journalismus“ identifizierte er die geringe Zahlungsbereitschaft des Publikums. Da das Modell der Quersubventionierung aus Werbeerlösen schon seit einiger Zeit nicht mehr funktioniere, seien neben Maßnahmen der Unternehmen selbst (moralische Appelle, Senkung von Produktionskosten, Stärkung des Nutzerwertjournalismus) verschiedene staatliche Förderungsmaßnahmen denkbar. Gefördert werden könnten bestimmte Unternehmen, z.B. Verlage oder Austräger, der Journalismus als Aktivivität, etwa durch Produktionsunterstützung oder projektbasierte Förderung, oder auch die Rezeption des Journalismus – beispielsweise durch Gutscheine. So schlug von Rimscha vor, sich regulatorisch auf eine Förderung der Nachfrage zu konzentrieren. Wenn Medien insgesamt erschwinglicher seien, würden auch diejenigen mit geringerer individueller Zahlungsbereitschaft sie nutzen.

Dr. Tobias Mast,  Senior Researcher „Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen“ am Leibniz-Institut für Medienforschung in Hamburg, nahm sodann aus rechtswissenschaftlicher Perspektive den Funktionsschutz der Presse durch den Staat in den Blick. Mast beschäftigte sich zunächst ausführlich mit dem Zusammenwirken von Presse, Staat und Demokratie. Er plädierte dafür, den Printjournalismus als Element einer mediengattungsübergreifenden staatlichen Gewährleistungspflicht für die öffentliche Kommunikationsordnung zu verstehen. Im Zuge einer Bewertung einzelner Förderungsmaßnahmen beschäftigte sich Mast insbesondere mit der Idee einer öffentlich-rechtlichen Presse. Eine solche wäre aufgrund einer krisenhaften Situation auf Lokal- und Regionalebene denkbar.

In der anschließenden von Cornils moderierten Diskussion erklärte von Rimscha, dass die Existenz von privaten Medienakteuren historisch betrachtet eine Ausnahme darstelle. So halte auch er die Idee öffentlich-rechtlicher Medien auf Lokalebene für überzeugend. Einen möglichen Grund für die andauernde Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Einführung von Fördermaßnahem sah Mast in der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Während eine Bundeskompetenz für eine Presseförderung jedenfalls fraglich sei, seien die Länder im Presserecht strukturell auf große Änderungen nicht eingestellt.

Im Anschluss an das Mainz Media Forum folgte die Eröffnungsfeier zum neuen Studienjahr. Bei der Urkundenübergabe würdigte und verabschiedete Cornils die beiden besten LL.M.-Absolventinnen des Jahrgangs und begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des neuen 23. Studienjahres, die sich nun auf ein intensives und gewinnbringendes Kursprogramm freuen dürften.


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Art. 5 des Grundgesetzes „garantiert das Institut `Freie Presse´“ als „Wesenselement des freiheitlichen Staates“. Aber was bedeuten diese ehernen Sätze des Spiegel-Urteils des BVerfG für die Presse heute? Hat die privatwirtschaftliche Presse als zentraler Funktionsträger für die demokratische Meinungsbildung überhaupt eine Zukunft? Können die privaten Medienunternehmen aus eigener Kraft die digitale Transformation erfolgreich schaffen und dabei die ihnen zugedachte öffentliche Aufgabe weiterhin erfüllen oder bedürfen sie dazu staatlicher Unterstützung? Greift hier gar eine Verfassungspflicht zur Gewährleistung der Presse in neuer Qualität?

Während im Medienkartellrecht, bei der Plattformregulierung und im Urheberrecht Rahmenbedingungen für die Presse neu justiert worden sind, scheint die in den letzten Jahren auch in Deutschland avisierte staatliche Presseförderung schon wieder von der politischen Tagesordnung gestrichen. Und erneut eskaliert derzeit der Dauerstreit der Verlagswirtschaft mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wegen behaupteter – von den Anstalten indes stets bestrittener – Verstöße gegen das rundfunkrechtliche Verbot presseähnlicher Online Angebote. Nachdem also die erhoffte Befriedung dieser Kontroverse mit dem 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag 2019 gescheitert ist, ist das Thema offenbar auch wieder Gegenstand von Änderungsvorschlägen für den geplanten Medien-Reformstaatsvertrag.

Über diese essentiellen Fragen möchten wir mit Ihnen diskutieren.


> Einladung

Termin:
Donnerstag, 17. Oktober 2024 um 16:00 Uhr

Ort der Veranstaltung:
Alte Mensa (Atrium maximum) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Johann-Joachim-Becher-Weg 5, 55128 Mainz

Eine Anmeldung ist erforderlich:
Bitte melden Sie sich bis zum 10. Oktober 2024 an über: anmeldung@mainzer-medieninstitut.de

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begrüssung

Prof. Dr. Matthias Cornils / Dr. Simone Schelberg
Direktoren des Mainzer Medieninstituts

vorträge

"Vom individuellen und kollektiven Nutzen der Presse und des Journalismus"
Prof. Dr. M. Bjørn von Rimscha
Professur für Medienwirtschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

"Funktionsschutz der Presse durch den Staat"
Dr. Tobias Mast
Senior Researcher „Regelungsstrukturen und Regelbildung in digitalen Kommunikationsräumen“ am Leibniz-Institut für Medienforschung, Hamburg

Moderation

Prof. Dr. Matthias Cornils
Direktor des Mainzer Medieninstituts