Referentenentwurf für deutsches Digitale-Dienste-Gesetz veröffentlicht

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat einen Entwurf für das Digitale-Dienste-Gesetz veröffentlicht, das die Vorgaben des Digital Services Act (DSA) in Deutschland umsetzen soll.

Wichtiger Bestandteil des Entwurfs ist die Einführung einer neuen mitgliedstaatlichen Verwaltungsstruktur zur Überwachung und Durchsetzung der EU-Verordnung im Bereich der Plattformregulierung. Die für die Plattformaufsicht zentrale sogenannte Koordinierungsstelle für digitale Dienste soll bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) angesiedelt werden. Der Entwurf sieht vor, dass die Koordinierungsstelle verschiedene Zertifizierungsaufgaben, unter anderem für Hinweisgeber und Forscher, übernimmt. Außerdem soll ihr die Koordinierung nationaler und grenzüberschreitender Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden obliegen. Sie soll im DSA-Kontext als Ansprechpartnerin für die EU-Kommission fungieren. Die Koordinierungsstelle übernimmt zudem die Prüfung, Bearbeitung und Koordinierung von Nutzerbeschwerden. Auch entsprechende Bußgeldverfahren fallen in ihren Zuständigkeitsbereich. Bei ihrer Aufgabenerfüllung handelt sie „völlig unabhängig“, ersucht also weder um Weisungen noch nimmt sie solche entgegen.

Als weitere – bereichsspezifisch – zuständige Behörden sieht der Referentenentwurf die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) vor, die für den Vollzug entsprechender DSA-Vorschriften eine Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten einrichtet. Im speziellen Bereich der Kontrolle von Werbung auf Online-Plattformen ist vorgesehen, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Aufgaben übernimmt. Eine zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet wird zusätzlich beim Bundeskriminalamt (BKA) angesiedelt. Aus den Anmerkungen des Referentenentwurfs geht hervor, dass die Auflistung der zuständigen Behörden gegebenenfalls noch nicht abschließend ist. Möglicherweise wird der Gesetzgeber also weitere Behörden in die Aufsichtsstruktur einbinden.

Im Referentenentwurf wird betont, dass medienrechtliche Bestimmungen der Länder unberührt bleiben. Insbesondere werden nach der vorliegenden Entwurfsfassung die Landesmedienanstalten (LMAen) nicht als zuständige Behörden im Sinne der Verordnung in die Aufsichtsstruktur eingebunden. Vorgesehen ist jedoch eine sogenannte qualifizierte Zusammenarbeit der Koordinierungsstelle mit den Landesmedienanstalten, in deren Rahmen auch ein Antragsrecht der LMAen auf Prüfung bestimmter Maßnahmen durch die Koordinierungsstelle vorgesehen ist. Außerdem müssen die Anstalten „beteiligt“ werden, soweit Belange der Länder nach Medienstaatsvertrag (MStV) und Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) betroffen sind.

Die Koordinierungsstelle soll bei ihrer Aufgabenerfüllung von einem als Expertengremium fungierenden Beirat unterstützt werden, der sich aus Mitgliedern aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Verbraucherverbänden und Wirtschaft zusammensetzt. Ihm kommt nach dem Regelungsentwurf lediglich eine beratende Rolle zu. Über Entscheidungsrechte soll er nicht verfügen.

Das Telemediengesetz (TMG) und das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) treten laut Regelungsentwurf im Februar 2024 außer Kraft. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt dann auch die Plattformaufsicht durch die neu eingerichteten Behörden. Bis 25. August 2023 können Länder und Verbände jetzt zunächst zum Referentenentwurf Stellung nehmen.

Den Referentenentwurf finden Sie hier.

Das Gutachten des Mainzer Medieninstituts zum Vollzug des DSA in Deutschland ist hier abrufbar.

Quellen

BMDV, „BMDV legt Entwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz vor“, Pressemitteilung vom 04. August 2023, abrufbar unter:
https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2023/079-wissing-digitale-dienste-gesetz.html

Jaursch, „So kann eine starke, unabhängige Plattformaufsicht noch gelingen“, Beitrag vom 07. August 2023 auf netzpolitik.org, abrufbar unter:
https://netzpolitik.org/2023/digitale-dienste-gesetz-so-kann-eine-starke-unabhaengige-plattformaufsicht-noch-gelingen/