Möglichkeiten öffentlicher Förderung von Lokal- und Regionaljournalismus – Gutachten veröffentlicht

In einem interdisziplinären Gutachten haben sich Prof. Dr. Matthias Cornils, Jun.-Prof. Dr. Leyla Dogruel, Katrin Gessinger, LL.M. und Pascal Schneiders, M.A. im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mit Möglichkeiten einer öffentlichen Förderung von Lokal- und Regionaljournalismus bei Wahrung der Staatsferne beschäftigt.

Der erste Teil des Gutachtens arbeitet das Thema aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive auf. Förderbedarf wird aufgrund ökonomischer und publizistischer Konzentrationsprozesse insbesondere im lokalen/regionalen Bereich identifiziert. Zudem wird festgehalten, dass für eine Journalismusförderung direkte, selektive Maßnahmen am ehesten geeignet sind, um Vielfaltssicherung zu leisten. Auf Basis der wissenschaftlichen Literatur sowie einer international vergleichenden Analyse von Best Practice-Fördermaßnahmen wird ein distributionsneutrales Fördermodell empfohlen, das alternative Geschäfts- und Finanzierungsmodelle einbezieht und sich aus drei Fördersträngen zusammensetzt: zentral eine kriterienbasierte Produktionsunterstützung sowie flankierend ein Innovationsfonds und ein Produktionsprojektfonds.

Der zweite Teil des Gutachtens beleuchtet das Thema aus juristischer Perspektive und nimmt dabei auch eine Bewertung des kommunikationswissenschaftlichen Vorschlags vor. Insbesondere wird auf die Frage der Kompetenz im Bundesstaat, die (Meinungs-)Neutralität der Förderung und beihilferechtliche Probleme eingegangen. Im Ergebnis wird festgestellt, dass eine direkte, selektive Journalismusförderung grundsätzlich möglich ist, soweit die Auswahl von Zuwendungsberechtigten und die Vergabe der Mittel nach meinungsneutralen Kriterien erfolgt und eine staatsfern organisierte Förderungspraxis etabliert wird. Außerdem wird herausgearbeitet, dass eine Journalismusförderung kompetenzrechtlich nicht allein den Ländern zustehen muss, sondern auch der Bund im Sinne einer Wirtschaftsförderung unter Berücksichtigung publizistischer Kriterien tätig werden kann.

Nachtrag zu non-profit Journalismus:

Im juristischen Teil des Gutachtens wurde „non-profit“-Journalismus im Sinne einer engen Definition, die nicht nur eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht, sondern auch die Finanzierung maßgeblich durch fördernde Personen bzw. Institutionen voraussetzt, verstanden. Für solche journalistischen Formen ist eine auf den Kompetenztitel „Recht der Wirtschaft“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) gestützte Unterstützung des Bundes ausgeschlossen; sie sind auch bei der gebotenen und anerkannten weiten Auslegung des Kompetenztitels nicht wirtschaftstätig. Wird mit Blick auf den unscharfen Ausdruck „non profit“ und die vielgestaltigen Finanzierungsformen von Journalismus ein weiteres Begriffsverständnis von non-profit-Journalismus zugrunde gelegt, ist zu differenzieren: Soweit Tätigkeiten vorgenommen werden, mit denen am Markt Einkünfte erwirtschaftet werden (Anzeigen, Abonnementverkauf), ohne dass dadurch ein Überschuss erzielt werden soll, der den Eigentümern zugutekommt, ist von einer Teilnahme am Wirtschaftsverkehr auszugehen. Dies kann kompetenzrechtlich eine Förderung durch den Bund begründen. Bei Mischfinanzierungen, die beispielsweise aus Spenden, aber auch Anzeigenerlösen bestehen, wird auf den Schwerpunkt der Finanzierung abgestellt werden müssen.

Das Gutachten im Volltext finden Sie hier.