Rückblick: Mainz Media Forum zum Entwurf des Medienstaatsvertrags

Der Diskussionsentwurf des geplanten neuen Medienstaatsvertrags war Thema des Mainz Media Forums am 18. Oktober 2018. Unter dem Titel: „Der neue Medienstaatsvertrag – Konvergenzgerechte Regulierung oder symbolischer Aktionismus“ hatte das Mainzer Medieninstitut in Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz an die Johannes Gutenberg Universität Mainz geladen.

Die kommunikationswissenschaftliche Perspektive beleuchtete Pascal Jürgens vom Institut für Publizistik der Universität Mainz in seinem Impulsvortrag. Einen Überblick über die Regelungsbereiche eines neuen Medienstaatsvertrags gab Prof. Dr. Roland Broemel, Inhaber der Professur für Geld-, Währungs- und Notenbankrecht an der Goethe-Universität Frankfurt.

Neben Prof. Dr. Broemel diskutierten auf dem Podium Dr. Franziska Löw, Leiterin Regulierung bei ANGA, dem Verband deutscher Kabelnetzbetreiber und Dr. Wolfgang Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Kerstin Liesem vom Mainzer Medieninstitut.   

In seinem Impulsvortrag setzte sich Jürgens mit der wachsenden Bedeutung und den neuen Wirkungspotenzialen von Medienintermediären auseinander. Er skizzierte vielfältige Bedrohungssituationen. Eine interessengerechte Regulierung bezeichnete er als den Versuch, den sprichwörtlichen gordischen Knoten zu lösen. Denn: Eine solche Regulierung solle „jeden gegen jeden“ schützen und zwar unter den Bedingungen starker, aber heterogener Interdependenzen. Hinzu komme, dass die Gefährdungen vielfach abstrakt und langfristig seien. Den Impulsvortrag finden Sie hier. 

In der Diskussion ging es um eine Standortbestimmung. Denn im Sommer hatte die Rundfunkkommission der Länder einen Entwurf eines Medienstaatsvertrags zur öffentlichen Konsultation gestellt. Unternehmen und Verbände, aber auch Bürgerinnen und Bürger konnten sich bis zum 30. September mit ihrer Stimme einbringen. Nach Angaben der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz sind mittlerweile rund 1.200 Eingaben über das Online-Portal eingegangen. Kreißig begrüßte die hohe Beteiligung gerade vor dem Hintergrund, dass es sich um eine hochkomplexe Materie handele. Gleichzeitig bedauerte er, dass der Entwurf zum Medienstaatsvertrag keinen offiziellen Begründungstext enthalte. Ein solcher hätte der interessierten Öffentlichkeit die Reglungsvorhaben verständlicher machen können. Löw vermisst im Entwurf eine interessengerechte Berücksichtigung der Nutzerautonomie. Sie fordert, dass Nutzer die Autonomie über ihren Fernsehbildschirm auch in Zukunft in vollem Umfang behalten sollen. Broemel rät aus wissenschaftlicher Perspektive zu einer reflektierten Herangehensweise. Er hält es nicht für sinnvoll, per se mehr zu regulieren. Vielmehr plädiert er dafür, zunächst die tatsächlichen Effekte, die von Intermediären ausgehen, zu identifizieren, um dann effektspezifische Regulierungsmaßnahmen anzusetzen zu können. Betrachtet man die Effekte auf Nutzerseite, so sei zum Beispiel erst einmal die Frage von Bedeutung, wie Meinungsbildungsprozesse überhaupt strukturiert sind.  

Eine große Herausforderung bei der Gestaltung eines neuen Medienstaatsvertrags sieht Löw darin, die Internationalität des Marktes nicht aus den Augen zu verlieren und sich von überkommenen Strukturen zu lösen. In Deutschland gebe es ein großes Traditionsbewusstsein, an althergebrachten Sendern und Formaten festzuhalten anstatt Platz für neue und progressivere Formate zu machen. Gerade im Bereich der Plattformregulierung seien mehr Handlungsspielräume wünschenswert. Um den Anschluss an den internationalen Markt nicht zu verlieren, müsse ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Regulierung und Deregulierung gefunden werden. Deshalb wünscht sich Löw mehr Mut und weniger Regulierung, um die Zukunft in einer globalen Welt zu gestalten. Auch Broemel plädiert für mehr konzeptionellen Mut bei der Gestaltung eines neuen konvergenzgerechten Medienstaatsvertrags.

Kreißig begründete ein Festhalten an bestehenden Regelungen im Kabelnetz auch damit, dass sich die Gesetzgebung durch technikgetriebene Entwicklungen verkompliziert habe. Diese Komplexität in Form eines Staatsvertrages festzuhalten sei schwierig, Brüche im Vertrag daher nicht ganz zu vermeiden. Zudem unterliege die Gesetzgebung dem nationalen Vielfaltsauftrag, dessen Erfüllung sicherzustellen ist. Wenn ein neuer Medienstaatsvertrag trotz juristischer Widrigkeiten auf den Weg gebracht wird, sei das ein großer Schritt.