Publizistische Gewaltenteilung – also doch? 
Digitale Presse und Rundfunk nach `Tagesschau-App´ und `ARD-Buffet´  

Das spannungsreiche Verhältnis von Presse und öffentlich-rechtlichem Rundfunk hat einen neuen Tiefpunkt erreicht: Mit allen – auch gerichtlichen – Mitteln und vorläufig durchaus erfolgreich stemmen sich die Presseverlage gegen aus ihrer Sicht wettbewerbsverzerrende online-Angebote der Rundfunkanstalten. Sie stellen damit deren gerade erst Gestalt annehmende Strategie eines Ausbaus der öffentlich finanzierten Internetaktivitäten in Frage. Die Rechtsprechung der Wettbewerbsgerichte im Fall „Tagesschau-App“ hat das rundfunkrechtliche Verbot presseähnlicher nichtsendungsbezogener online-Angebote zu einer wehrhaften Sperre gegen „textlastige“ Beiträge in den Mediatheken der Anstalten ausgeformt. Die im Kompromissversuch des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages mit dem Prädikat der „Presseähnlichkeit“ gezogene Grenze zwischen den privatwirtschaftlichen und den öffentlich finanzierten Medien verläuft nun mitten durch den Raum journalistischer Gestaltung; sie trennt nach äußerem Erscheinungsbild text- von (bewegt‑)bildbestimmten Beiträgen und weist erstere allein dem privatwirtschaftlichen Sektor zu. Auch die Beschränkung eigener Pressetätigkeit der Anstalten auf programmbegleitende Druckwerke ist jüngst vom BGH (Urt. v. 26.1.2017 – „ARD-Buffet“) bemerkenswert weit interpretiert und also auf den Fall finanzieller Unterstützung verlagsseitiger Herausgabe von Druckwerken erstreckt worden.

Die Medienrechtswissenschaft und die Medienpolitik haben die operationellen Fragen der Auslegung, Fortschreibung, Modifikation oder Abschaffung der derzeitigen Angebotsbeschränkungen zu erörtern, müssen aber dazu vor allem auch die dahinterliegenden grundsätzlicheren Probleme erfassen: Ist die Logik gegenständlicher Terrainabschottung des Marktsektors wirklich unhintergehbar oder lassen sich nicht intelligentere Konzepte einer Koexistenz oder Konkurrenz vorstellen? Ist sie immerhin unionsrechtlich geboten? Vor allem aber: Ist sie publizistisch akzeptabel und insofern überhaupt mit der verfassungsrechtlich auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk garantierten publizistischen Gestaltungsautonomie vereinbar?

Medienrechtswissenschaft und Medienpolitik konfrontiert dieser Interessenkonflikt mit grundsätzlichen Fragen, die wir gerne mit Ihnen diskutieren möchten.

Die Veranstaltung hat am 11. Mai 2017 stattgefunden.

Eröffnung und BEGRÜSSUNG  

Professor Dr. Dieter Dörr
Direktor des Mainzer Medieninstituts


Diskussion

Professor Dr. Albert Ingold
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Dr. Christoph Fiedler
Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ)

MODERATION

Professor Dr. Matthias Cornils
Stellvertretender Direktor des Mainzer Medieninstituts