Hanseatisches Oberlandesgericht: Weite Passagen von Böhmermanns Erdogan-Schmähgedicht bleiben verboten

Der Journalist Jan Böhmermann darf auch weiterhin die meisten Passagen seines Schmähgedichts gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht wiederholen. Damit bestätigte das Hanseatische Oberlandesgericht am 15. Mai 2018 das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 10. Februar 2017 (LG Hamburg, AZ: 324 O 402/16) und wies Böhmermanns Berufung ab. Abgewiesen wurde auch Erdogans Antrag, das  Gedicht in seiner Gesamtheit zu verbieten.

Damit bleiben auch künftig 18 von 24 Zeilen des Schmähgedichts verboten, das der TV-Satiriker Böhmermann am 31. März 2016 in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen hatte. Wiederholt werden dürfen lediglich die Zeilen „Sackdoof, feige und verklemmt / ist Erdogan der Präsident./ (…) Er ist ein Mann, der Mädchen schlägt / und dabei Gummimasken trägt./ (…) und Minderheiten unterdrücken, / (…) Kurden treten, Christen hauen/(…)“. Diese Zeilen muss der türkische Präsident nach Auffassung des Hamburger Landgerichts dulden, da sie „nicht die notwendige Schwere“ besäßen, „um sie zu untersagen“.  Sie seien auch deshalb zu dulden, weil sich Erdogan als Präsident besonders heftige Kritik gefallen lassen müsse. Die übrigen 18 Zeilen müssten jedoch untersagt bleiben, urteilte das Hanseatische Oberlandesgericht. Denn diese Passagen enthielten schwere Herabsetzungen, für die es weder in der Person noch in dem Verhalten des türkischen Präsidenten tatsächliche Anknüpfungspunkte gebe.

Böhmermann-Anwalt Christian Schertz hatte in seiner Berufung vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht argumentiert, das Landgericht habe „erneut die Kunstfreiheit, insbesondere die Einbettung des Gedichts in den Gesamtkontext, nicht hinreichend berücksichtigt“. Das Gedicht bilde ein einheitliches, untrennbares Werk, dessen Zulässigkeit nur insgesamt beurteilt werden könne.

Dieser Ansicht widersprachen die Richter des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Vielmehr bestehe das Gedicht aus einer Aneinanderreihung von Beschimpfungen. Jede einzelne dieser Äußerungen könne isoliert von den übrigen verboten werden, wenn sie im jeweiligen Gesamtkontext unzulässig sei.

Eine Revision wurde nicht zugelassen. Allerdings kündigte Böhmermann-Anwalt Schertz gegenüber dem evangelischen Pressedienst (epd) eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof an (epd-Medien Nr. 20/2018, S. 9).

Berufungsurteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 15. Mai 2018 (AZ: 7 U 34/17)