EuGH: Plattformen haften nach altem Recht grundsätzlich nicht für illegale Uploads
EuGH: Plattformen haften nach altem Recht grundsätzlich nicht für illegale Uploads
Nach altem Recht haften Plattformen wie Youtube und Uploaded nicht für Urheberrechtsverletzungen, solange sie keine Kenntnis von illegalen Inhalten haben oder bei Kenntnis das Material unverzüglich löschen oder sperren, so der Europäische Gerichtshof.
EuGH, Urteil vom 22.06.2021 – C-682/18 (Youtube), C-683/18 (Cyando)
In den verbundenen Rechtssachen hat sich der EuGH mit der Frage der Haftung von Plattformen auseinandergesetzt und unter welchen Umständen das Betreiben der Plattform eine öffentliche Wiedergabe ist. Konkret geht es dabei einerseits um die Klage eines Musikproduzenten gegen Youtube und andererseits den Verlag Elsevier, der gegen Cyando als Betreiber von „Uploaded“ vorgeht. Beide Rechtsstreitigkeiten werden vor dem BGH verhandelt, der dem EuGH verschiedene Fragen zu Vorabentscheidung vorgelegt hat.
Der Gerichtshof ist zu dem Ergebnis gekommen, dass durch das Betreiben einer Video-Sharing- oder Sharehosting-Plattform grundsätzlich keine öffentliche Wiedergabe vorgenommen werde. Die Lage sei allerdings anders einzuschätzen, wenn über das bloße Bereitstellen der Plattform hinaus dazu beigetragen wird, der Öffentlichkeit illegal Zugang zu geschützten Inhalten zu verschaffen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn bei Kenntnis der illegalen Inhalte nicht unverzüglich gelöscht oder der Zugang gesperrt wird. Des Weiteren liege eine öffentliche Wiedergabe vor, wenn bekannt ist, dass über die Plattform geschützte Inhalte rechtswidrig hochgeladen werden und keine geeigneten technischen Maßnahmen ergriffen werden, um glaubwürdig und wirksam gegen die illegale Nutzung vorzugehen, wobei auf die übliche Sorgfalt eines am Wirtschaftsleben Beteiligten abzustellen sei. Wenn die Beteiligung an der Auswahl der geschützten Inhalte erfolgt und Hilfsmittel angeboten werden, die speziell zum unerlaubten Teilen bestimmt sind oder ein solche Vorgehen wissentlich fördern, sei ebenfalls von einer öffentlichen Wiedergabe auszugehen.
Zudem hat der EuGH ausgeführt, dass sich ein:e Betreiber:in einer Plattform nur auf die Haftungsprivilegien der E-Commerce-Richtlinie (2000/31) berufen kann, wenn die Bereitstellung der Plattform mit neutralem bzw. passivem Verhalten einhergeht. Wird eine aktive Rolle eingenommen, die Kenntnis oder Kontrolle über die illegalen Inhalte verschaffen kann, greift die Haftungsbefreiung nicht.
Abschließend ist der EuGH auf die Voraussetzungen für gerichtliche Anordnungen gegen Betreiber:innen von Plattformen nach der Urheberrechtsrichtlinie (2001/29) eingegangen. Es sei rechtmäßig, dass eine solche Anordnung erst erwirkt werden kann, wenn zunächst eine Meldung über die Rechtsverletzung erfolgt und der:die Betreiber:in daraufhin nicht unverzüglich tätig geworden ist. Jedoch obliege es den nationalen Gerichten, bei der Anwendung dieser Voraussetzung dafür Sorge zu tragen, dass die tatsächliche Beendigung der Rechtsverletzung nicht derart verzögert wird, dass dem:der Rechtsinhaber:in unverhältnismäßige Schäden entstehen.
Zu beachten ist, dass diese Entscheidung auf Grundlage der alten Gesetzeslage getroffen wurde und die 2019 erlassene DSM-Richtlinie (2019/790), die mittlerweile in deutsches Recht überführt wurde (vgl. unsere Meldung) und andere Haftungsregeln vorsieht, noch nicht zur Anwendung gekommen ist.
Quellen
EuGH, Urteil v. 22.06.2021 in den verbundenen Rechtssachen C-682/18 Youtube und C-683/18 Cyando vom 22.06.2021, abrufbar unter: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=243241&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=17145423
EuGH, Pressemitteilung Nr. 108/21 zum Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-682/18 Youtube und C-683/18 Cyando vom 22.06.2021, abrufbar unter: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2021-06/cp210108de.pdf
beck-aktuell, Nach altem Recht grundsätzlich keine Haftung von Youtube für illegale Uploads, Meldung v. 22.06.2021, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/eugh-nach-altem-recht-grundsaetzliche-keine-haftung-von-youtube-fuer-illegale-uploads