EuGH: Deutscher Rundfunkbeitrag ist EU-rechtskonform

  • Finanzierungsmodell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist keine gegen Unionsrecht verstoßende neue Beihilfe
  • Unterrichtung der Kommission über Änderung des Finanzierungsmodells nicht erforderlich
  • Öffentlich-rechtliche Sender dürfen Zwangsvollstreckungen aus rückständigen Forderungen der Rundfunkbeiträge selbst betreiben

Der deutsche Rundfunkbeitrag ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am 13. Dezember 2018 entschieden (Rechtssache Südwestrundfunk / Tilo Rittinger, C-492/17).

Die Luxemburger Richter sahen in der Ersetzung der Rundfunkgebühr (die an den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts anknüpfte) durch den Rundfunkbeitrag (der an das Innehaben einer Wohnung oder Betriebsstätte anknüpft) zum 1.01.2013 keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Eine neue Beihilfe liegt somit nach ihrer Ansicht nicht vor. Somit gelte die Entscheidung der Europäischen Kommission weiter fort, die das Finanzierungssystem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Jahr 2007 im Rahmen des Beihilfekompromisses als mit dem Unionsrecht vereinbar erklärt hatte.

Die Richter verwiesen darauf, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag im Wesentlichen darauf abgezielt habe, die Voraussetzungen für die Erhebung des Rundfunkbeitrags vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung in Bezug auf den Empfang der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender zu vereinfachen. Außerdem habe diese Änderung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung geführt, die die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten, um die Kosten zu decken, die mit der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags verbunden seien.

Da die Richter in der Umstellung der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag keine neue Beihilfe sahen, sei eine Unterrichtung der EU-Kommission nicht erforderlich gewesen.

Der EuGH stellte darüber hinaus fest, dass es die Rechtsvorschriften der Union über staatliche Beihilfen nicht verbieten, dass öffentlich-rechtlichen Sendern von allgemeinem Recht abweichende Befugnisse eingeräumt werden, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben.

Der Gerichtshof führt insoweit aus, dass diese Vorrechte von der Kommission bei ihrer Prüfung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Jahr 2007 berücksichtigt wurden und seither unverändert geblieben sind. Außerdem sind derartige Vorrechte als ein dem öffentlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender inhärenter Aspekt anzusehen.

Anlass für das Urteil des EuGH war eine Vorlage der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen. In den Jahren 2015 und 2016 hatte die Landesrundfunkanstalt Südwestrundfunk (SWR) gegen Tilo Rittinger und andere Rundfunkbeitragsschuldner Vollstreckungstitel zur Beitreibung nicht gezahlter Beträge erstellt. Da die Zahlungen weiterhin ausblieben, leitete der SWR gestützt auf diese Titel die Zwangsbeitreibung seiner Forderungen ein. Rittinger und die übrigen Schuldner hatten danach gegen die Vollstreckungsmaßnahmen Rechtsmittel eingelegt. Das in zweiter Instanz mit diesen Verfahren befasste Landgericht Tübingen war der Auffassung, der Rundfunkbeitrag und die hoheitlichen Vorrechte der öffentlich-rechtlichen Sender bei der Beitreibung verstießen gegen das Unionsrecht, insbesondere das Recht der staatlichen Beihilfen. Das Landgericht Tübingen hatte dem EuGH deshalb mehrere Fragen vorgelegt, die sich mit der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Rundfunkbeitrags beschäftigten. Bereits im Juli 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag für im Wesentlichen verfassungsgemäß bestätigt.

Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13.12.2018 in der Rechtssache Südwestrundfunk / Tilo Rittinger u.a. (C-492/17)

Quellen:

Pressemitteilung des Gerichtshofs der Europäischen Union Nr. 202/2018 vom 13. Dezember 2018
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-12/cp180202de.pdf