Digital Services Act: EU-Kommission leitet Verfahren gegen TikTok ein

Um zu prüfen, ob die Videoplattform TikTok in den Bereichen Jugendschutz, Werbetransparenz, Datenzugang für Forscher und Risikomanagement gegen Sorgfaltspflichten verstößt, hat die Europäische Kommission ein förmliches Verfahren auf Grundlage des Digital Services Act (DSA) eingeleitet.

Die Plattform TikTok wurde nach den Vorgaben DSA als „sehr große Online-Plattform“ benannt und muss daher eine Reihe an in der Verordnung festgelegten Sorgfaltspflichten einhalten. Auf Basis einer vorläufigen Untersuchung, die auch die Analyse eines von TikTok übermittelten Risikobewertungsberichts und Antworten der Plattformbetreiber auf Auskunftsverlangen der Kommission umfasst, hat letztere beschlossen, ein förmliches Verfahren gegen TikTok einzuleiten.

Konkret bezieht sich die Untersuchung auf folgende Aspekte: In den Blick genommen wird zum einen die Einhaltung der DSA-Pflichten im Zusammenhang mit der Bewertung und Minderung systemischer Risiken in Bezug auf nachteilige Auswirkungen, die sich aus der Konzeption des TikTok-Systems (einschließlich algorithmischer Systeme) ergeben und die Suchtverhalten und sog. Rabbit-Hole-Effekte hervorrufen könnten. Eine solche Bewertung sei, so die EU-Kommission, erforderlich, um potenzielle Risiken für das Grundrecht auf körperliches und geistiges Wohlbefinden und Kinderrechtsverletzungen entgegenzuwirken sowie die Auswirkungen der Plattform auf Radikalisierungsprozesse abzumildern. Von TikTok verwendete Altersüberprüfungsinstrumente könnten möglicherweise unangemessen und unverhältnismäßig sein. Analysiert würde zweitens auch die Einhaltung der Pflichten zur Gewährleistung eines hohen Maßes an Privatsphäre, Schutz und Sicherheit für Minderjährige. Ein dritter Punkt im Rahmen der Untersuchungen betreffe die Verpflichtung, ein durchsuchbares und verlässliches Archiv für auf TikTok verbreitete Werbung bereitzustellen. Problembehaftet könnten viertens auch die von TikTok ergriffenen Transparenzmaßnahmen im Zusammengang mit der Gewährung des Zugangs von Forschenden zu den öffentlich zugänglichen Daten der Plattform gemäß Artikel 40 DSA sein. Im Raum stünden daher mögliche Verstöße gegen Art. 28 Abs. 1, 34 Abs. 1 und 2, 35 Abs. 1, 39 Abs. 1 und 40 Abs. 12 der Verordnung.

Durch die förmliche Einleitung können nun weitere Beweise gesammelt, Auskunftsersuchen gestellt sowie Befragungen und Inspektionen durchgeführt werden. Die Kommission kann jetzt zusätzliche Durchsetzungsmaßnahmen, beispielsweise einstweilige Maßnahmen und Nichteinhaltungsbeschlüsse, ergreifen. Eine Frist für den Abschluss des Verfahrens sieht der DSA nicht vor. Durch die Einleitung des förmlichen Verfahrens würden die Koordinatoren für digitale Dienste und andere zuständige Behörden der EU-Mitgliedstaaten von ihren Überwachungs- und Durchsetzungsbefugnissen auf mutmaßliche Verstöße gegen Art. 28 Abs. 1 DSA entbunden, heißt es in der Pressemitteilung der Kommission.

Im Dezember 2023 hatte die EU-Kommission bereits ein förmliches Verfahren gegen die Mikroblogging-Plattform X (vormals Twitter) auf Grundlage des DSA eingeleitet. Seit dem 17. Februar 2024 gilt der Digital Services Act für alle Online-Vermittler in der EU.

Quellen

Europäische Kommission, „Kommission leitet förmliches Verfahren gegen TikTok im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste ein“, Pressemitteilung vom 19. Februar 2024, abrufbar unter:
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_24_926

Briegleb, DSA: EU-Kommission leitet Untersuchung gegen TikTok ein, Meldung vom 19. Februar 2024, abrufbar unter:
https://www.heise.de/news/TikTok-und-der-DSA-Bruessel-nimmt-sich-ByteDance-zur-Brust-9632747.html