BVerfG: Untersagung eines Presseinterviews mit einem Strafgefangenen verletzt Meinungsfreiheit

Das BVerfG hat entschieden, dass ein Strafgefangener durch das Verbot, von einem Journalisten für ein Interview besucht zu werden, in seiner Meinungsfreiheit verletzt wurde.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.06.2022 – 2 BvR 784/21

In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss beanstandete das BVerfG die Entscheidungen der Fachgerichte als verfassungswidrig, die die Untersagung eines Besuchs durch einen Journalisten bestätigten. Zwar gehöre die Regelung im Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen (StVollzG NRW), die eine Besuchsuntersagung unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, zu den allgemeinen Gesetzen als Schranken der Meinungsfreiheit. Jedoch könne der Begründung des Landgerichts nicht entnommen werden, dass der Eingriff in die Meinungsfreiheit bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschrift hinreichend berücksichtigt und gewichtet wurde.

Es könne nicht generell davon ausgegangen werden, dass ein Presseinterview regelmäßig die Eingliederung eines Strafgefangenen behindere. Stattdessen müssten dafür konkrete, objektiv fassbare Anhaltspunkte vorliegen, die weder der Stellungnahme des psychologischen Dienstes noch den Ausführungen der JVA zu entnehmen seien. Des Weiteren beschäftige sich das Landgericht nicht mit dem konkreten Interviewthema und es fehle eine Abwägung zwischen der Intensität des Eingriffs in die Meinungsfreiheit des Inhaftierten und dem mit der Untersagung des Interviews verfolgten Zweck.

Hintergrund der Entscheidung war die Interviewanfrage eines Journalisten, der mit dem Beschwerdeführer zum Thema „Alternativen zur Strafhaft“ sprechen wollte. Dieser verbüßt eine mehrjährige Haftstrafe und für das Haftende ist Sicherungsverwahrung notiert. Jedoch wurde dem Journalisten der Besuch mit der Begründung verwehrt, dass aufgrund der Persönlichkeit des Inhaftierten die Voraussetzungen einer Besuchsuntersagung nach dem StVollzG NRW vorliegen würden. Die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt (JVA) beruhte auf der Einschätzung des psychologischen Dienstes der JVA, der erklärte, dass ein solches Interview aus psychologischer Sicht nicht zu empfehlen sei.

Ein Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung hatte das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Die Untersagung des Besuchs habe auf objektiven Anhaltspunkten beruht und sei daher rechtmäßig gewesen. Dies hatte das Oberlandesgericht bestätigt. Nach dem Beschluss des BVerfG muss das Landgericht nun erneut in der Sache entscheiden.

Quellen

BVerfG, Verfassungsbeschwerde gegen die Untersagung eines Besuchs des inhaftierten Beschwerdeführers zum Zwecke eines Interviews erfolgreich, Pressemitteilung Nr. 60/2022 vom 7. Juli 2022, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-060.html

beck-aktuell, Strafgefangener klagt erfolgreich gegen Untersagung von Besuch für Presseinterview, Meldung vom 07. Juli 2022, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bverfg-meinungsfreiheit-eines-strafgefangenen-durch-besuchsverbot-fuer-interview

Das BVerfG hat entschieden, dass ein Strafgefangener durch das Verbot, von einem Journalisten für ein Interview besucht zu werden, in seiner Meinungsfreiheit verletzt wurde.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.06.2022 – 2 BvR 784/21

In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss beanstandete das BVerfG die Entscheidungen der Fachgerichte als verfassungswidrig, die die Untersagung eines Besuchs durch einen Journalisten bestätigten. Zwar gehöre die Regelung im Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen (StVollzG NRW), die eine Besuchsuntersagung unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, zu den allgemeinen Gesetzen als Schranken der Meinungsfreiheit. Jedoch könne der Begründung des Landgerichts nicht entnommen werden, dass der Eingriff in die Meinungsfreiheit bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschrift hinreichend berücksichtigt und gewichtet wurde.

Es könne nicht generell davon ausgegangen werden, dass ein Presseinterview regelmäßig die Eingliederung eines Strafgefangenen behindere. Stattdessen müssten dafür konkrete, objektiv fassbare Anhaltspunkte vorliegen, die weder der Stellungnahme des psychologischen Dienstes noch den Ausführungen der JVA zu entnehmen seien. Des Weiteren beschäftige sich das Landgericht nicht mit dem konkreten Interviewthema und es fehle eine Abwägung zwischen der Intensität des Eingriffs in die Meinungsfreiheit des Inhaftierten und dem mit der Untersagung des Interviews verfolgten Zweck.

Hintergrund der Entscheidung war die Interviewanfrage eines Journalisten, der mit dem Beschwerdeführer zum Thema „Alternativen zur Strafhaft“ sprechen wollte. Der Betroffene verbüßt eine mehrjährige Haftstrafe und für das Haftende ist Sicherungsverwahrung notiert. Jedoch wurde ihm der Besuch mit der Begründung verwehrt, dass aufgrund der Persönlichkeit des Inhaftierten die Voraussetzungen einer Besuchsuntersagung nach dem StVollzG NRW vorliegen würden. Die Entscheidung der Justizvollzugsanstalt (JVA) beruhte auf der Einschätzung des psychologischen Dienstes der JVA, der erklärte, dass ein solches Interview aus psychologischer Sicht nicht zu empfehlen sei.

Ein Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung hatte das Landgericht als unbegründet zurückgewiesen. Die Untersagung des Besuchs habe auf objektiven Anhaltspunkten beruht und sei daher rechtmäßig gewesen. Dies hatte das Oberlandesgericht bestätigt. Nach dem Beschluss des BVerfG muss das Landgericht nun erneut in der Sache entscheiden.

Quellen

BVerfG, Verfassungsbeschwerde gegen die Untersagung eines Besuchs des inhaftierten Beschwerdeführers zum Zwecke eines Interviews erfolgreich, Pressemitteilung Nr. 60/2022 vom 7. Juli 2022, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-060.html

beck-aktuell, Strafgefangener klagt erfolgreich gegen Untersagung von Besuch für Presseinterview, Meldung vom 07. Juli 2022, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bverfg-meinungsfreiheit-eines-strafgefangenen-durch-besuchsverbot-fuer-interview