BVerfG: Annahme geleakter Daten durch Journalisten nicht strafbar
BVerfG: Annahme geleakter Daten durch Journalisten nicht strafbar
Das Bundesverfassungsgericht hat sich zum Umfang des Tatbestands der Datenhehlerei (§ 202d StGB) geäußert und klargestellt, dass die Annahme geleakter Daten im Rahmen einer journalistischen Tätigkeit nicht strafbar ist.
Mehrere Journalisten und Blogger hatten 2017, unterstützt durch die Gesellschaft für Freiheitsrechte, Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie machten eine Verletzung der Presse- und Rundfunkfreiheit geltend, indem zu befürchten sei, dass investigativ arbeitende Journalisten sich wegen Datenhehlerei strafbar machen könnten, wenn sie mit Whistleblowern zusammenarbeiten, die ihnen Daten zuspielen. § 202d StGB stellt den Umgang mit rechtswidrig erlangten Daten unter Strafe.
Die zweite Kammer des ersten Senats nahm die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung an und führte in der Begründung des Nichtannahmebeschlusses aus, dass die Befürchtungen der Beschwerdeführer unbegründet seien.
Unter anderem sei die nach § 202d StGB erforderliche Schädigungsabsicht in aller Regel nicht gegeben, wenn die Aufklärung von Missständen im Vordergrund stehe.
Außerdem greife der Ausschlusstatbestand des § 202d Absatz 3 StGB ein, wonach Handlungen ausgenommen sind, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen. Es dränge sich auf, dass damit ein umfassender Ausschluss journalistischer Tätigkeiten bezweckt wird. Journalistische Handlungen seien auch dann aus dem Tatbestand der Datenhehlerei auszunehmen, wenn Recherchen aufgrund geleakter Daten unergiebig seien und eine Veröffentlichung ausbleibe.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte wertete den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts trotz der Nichtannahme als Erfolg und sieht die Gefahr einer Strafverfolgung im Bereich journalistischer Datenverwertung entschärft. Die Strafnorm zur Datenhehlerei war 2015 eingeführt worden, um Strafbarkeitslücken im Bereich des Handels mit rechtswidrig erlangten Kreditkarten- und Nutzerdaten zu schließen. Sie wird als nicht hinreichend klar begrenzt kritisiert.
Noch anhängig sind drei weitere, abgetrennte Verfassungsbeschwerden von Beschwerdeführern, die nicht selbst journalistisch tätig sind, aber regelmäßig Journalisten bei der Verwertung geleakter Daten unterstützen, unter anderem ein Rechtsanwalt und ein IT-Experte. Ob diese nicht-journalistischen Tätigkeiten ebenfalls von der Ausnahme des § 202d Abs. 3 StGB erfasst sind, harrt der Klärung durch das Bundesverfassungsgericht.
Quellen
BVerfG, Beschluss vom 30.03.2022 – 1 BvR 2821/16, abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/03/rk20220330_1bvr282116.html
Gesellschaft für Freiheitsrechte, Pressemitteilung vom 16.06.2022, abrufbar unter: https://freiheitsrechte.org/ueber-die-gff/presse/pressemitteilungen-der-gesellschaft-fur-freiheitsrechte/pm-datenhehlerei-bverfg
Beck aktuell, Karlsruhe weist Journalisten-Klage gegen Datenhehlerei-Paragrafen ab, Meldung vom 22.06.2022, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/karlsruhe-weist-journalisten-klage-gegen-datenhehlerei-paragrafen-ab