​BND ist auch bei Telekommunikationsüberwachung von Ausländern im Ausland an Grundrechte gebunden

Bundesverfassungsgericht: BND-Gesetz verstößt hinsichtlich Telekommunikationsüberwachung von Ausländern im Ausland gegen Telekommunikationsgeheimnis und Pressefreiheit.

Urteil des BVerfG vom 19. Mai 2020 (1 BvR 2835/17)

Der Bundesnachrichtendienst muss bei der Überwachung der Telekommunikation von Ausländern im Ausland deutsche Grundrechte beachten. Das entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts am 19. Mai 2020. Die derzeitige Ausgestaltung der Auslandsüberwachung im BND-Gesetz verstoße gegen das Telekommunikations-geheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG) und die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG).

Die Karlsruher Richter vertraten die Ansicht, dass die deutsche Staatsgewalt auch außerhalb des deutschen Staatsgebiets an die Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 GG gebunden sei. So erstrecke sich der Schutz der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch auf Ausländer im Ausland.

Der Gesetzgeber sei bei der Ausgestaltung des BND-Gesetzes davon ausgegangen, dass die deutsche Staatsgewalt bei der Telekommunikationsüberwachung im Ausland gegen Ausländer nicht an die deutschen Grundrechte gebunden sei. Deshalb genügten die entsprechenden Vorschriften im BND-Gesetz zentralen Anforderungen der Grundrechte weder in formeller noch in inhaltlicher Hinsicht.

Da die aktuelle Regelung im BND-Gesetz und die daraus folgenden Befugnisse für die Sicherung der politischen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung erhebliche Bedeutung hätten und grundsätzlich in einer Weise ausgestaltet werden könnten, die mit den Grundrechten vereinbar sei, hat das Bundesverfassungsgericht angeordnet, dass die beanstandeten Vorschriften trotz ihrer Verfassungswidrigkeit vorläufig, längstens aber bis zum 31. Dezember 2021, fortgelten könnten.  

Hintergrund des Urteils ist eine Verfassungsbeschwerde von überwiegend ausländischen Journalisten, die im Ausland über Menschenrechtsverletzungen in Krisengebieten oder autoritär regierten Staaten berichten, gegen die Neufassung des BND-Gesetzes aus dem Jahr 2016 und den ihnen dadurch drohenden Überwachungsmaßnahmen.

Quellen:

Urteil des 1. Senats des BVerfG vom 19.05.20120 (1 BvR 2835/17)abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rs20200519_1bvr283517.html.

Pressemitteilung Nr. 37/2020 vom 19. Mai 2020 zum Urteil des 1. Senats des BVerfG  abrufbar unter: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-037.html