BGH zur Warenähnlichkeit zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen

Der BGH hat entschieden, dass es aus markenrechtlicher Sicht möglich ist, dass zwischen Fahrrädern und Kraftfahrzeugen Warenähnlichkeit besteht.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.10.2020 – I ZR 135/19

In seinem erst kürzlich veröffentlichten Urteil hat sich der BGH dazu geäußert, welche Aspekte bei der Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind. Entsprechend der ständigen Rechtsprechung sei bei der Prüfung insbesondere die Art dieser Waren, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänze Waren einzubeziehen. Daneben seien Berührungspunkte beim Vertrieb und die Frage, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden relevant. In Fortführung der Rechtsprechung im Fall TOSCA BLU (BGH, Urteil v. 30. März 2006 – I ZR 96/03) geht der BGH davon aus, dass es nicht allein ausreiche, dass Kraftfahrzeughersteller Lizenzen zur Produktion von Fahrrädern vergebe oder Kooperationen mit Fahrradherstellern eingehe. Jedoch sei es für die Warenähnlichkeit relevant, ob der Verkehr im Falle einer solchen Lizenzierung nicht nur von einem Image-Transfer, sondern auch von einem Know-how-Transfer ausgeht.

In der Sache geht es um einen Rechtsstreit zwischen der Klägerin mit Sitz in Südafrika, die Inhaberin der älteren Unionsmarke „PEARL“ für Fahrräder ist und der Nutzung der Ausstattungsbezeichnung „Pure Pearl“ durch eine Tochterfirma des Autokonzerns Peugeot für zwei Kraftfahrzeuge in limitierter Edition. Die Klägerin sieht durch die Nutzung des Autoherstellers ihre Markenrechte verletzt. Dabei verweist sie beispielsweise darauf, dass verschiedene Autohersteller auch Fahrräder unter ihrer Marke vertreiben und durch das geänderte Mobilitätsverhalten eine Annäherung der Nutzung von Autos und Fahrrädern vor allem im Stadtverkehr stattfinde, was für eine Warenähnlichkeit spreche.

Nachdem das LG Hamburg der Klage stattgegeben hatte, war die Berufung der Beklagten vor dem OLG Hamburg erfolgreich. Dieses hat die Klage unter Verweis auf die absolute Warenunähnlichkeit abgewiesen, wogegen die Klägerin Revision eingelegt hat. In seiner Beurteilung kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass das OLG nicht alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt habe und die Annahme der absoluten Warenunähnlichkeit nicht vollständig von den getroffenen Feststellungen getragen werde. Deshalb hat das Gericht das angegriffene Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Demnach muss das OLG Hamburg nun noch einmal unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände über den Fall entscheiden.

Quelle:

BGH, Urteil vom 15.10.2020 in der Rechtssache I ZR 135/19, abrufbar unter: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=115963&pos=11&anz=659