BGH: Zulässigkeit eines digitalen Vertragsdokumentengenerators

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein juristischer Fachverlag einen digitalen Rechtsdokumentengenerator betreiben darf, mit dem anhand eines Frage-Antwort-Systems und einer Sammlung abgespeicherter Textbausteine Vertragsdokumente erzeugt werden.

BGH, Urteil vom 9. September 2021 – I ZR 113/20

Die Entscheidung des BGH befasst sich mit der Frage nach der Zulässigkeit eines digitalen Generators zur Erstellung von Verträgen und anderen Rechtsdokumenten, die Kund:innen erwerben können. Der Vertragsgenerator namens „Smartlaw“, der von dem juristischen Fachverlag Wolters Kluwer bereitgestellt wird, erstellt Verträge auf der Basis eines Frage-Antwort-Katalogs im Multiple-Choice-Verfahren und richtet sich sowohl an Verbraucher:innen als auch an Firmen. Aus einer Sammlung von Textbausteinen wird anhand der ausgewählten Antworten ein Vertragsentwurf zusammengestellt.

Die Klägerin, die Hanseatische Rechtsanwaltskammer Hamburg, sah hierin einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), da diese Dienstleistungen nur von Rechtsanwält:innen erbracht werden dürften und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Der BGH vertritt hierzu die Ansicht, dass es sich bei der Erstellung von Verträgen mittels eines Vertragsdokumentengenerators nicht um eine unlautere Handlung handele, weil sie keine unerlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne des Rechtsdienstleistungsgesetzes darstelle. Die maßgebliche Frage, ob es sich um eine Tätigkeit eines Rechtsdienstleistenden handele, die Beklagte mithin in einer konkreten Angelegenheit des Nutzenden tätig sei, verneinte der BGH mit der Begründung, dass die Beklagte lediglich die Software programmiert und bereitstellt und schloss sich damit dem Urteil des OLG in der Vorinstanz an. Grundlage für die Software seien denkbare typische Sachverhaltskonstellationen, zu denen die Beklagte im Vorfeld standardisierte Vertragsklauseln entwickelt habe. Es fände folglich, vergleichbar zu einem bloßen Formularhandbuch, keine Einzelfallprüfung statt. Zudem würden Nutzende auch keine rechtliche Prüfung unter Einbeziehung der individuellen Verhältnisse erwarten. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin scheide aus diesen Gründen demnach aus.

Erfolgreich war die Klägerin in der Vorinstanz jedoch hinsichtlich eines Unterlassungsanspruchs in Bezug auf werbende Aussagen der Beklagten, die unter anderem damit warb, „günstiger und schneller als ein Anwalt“ zu sein und darüber hinaus „Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“ zu generieren.

Quellen

BGH, Pressemitteilung Nr. 171/2021 zum Urteil vom 9.09.2021 (Az.: I ZR 113/20), abrufbar unter: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021171.html

LTO, Meldung vom 9.09.2021, Digitaler Vertragsgenerator ist zulässig, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/juristen/b/bgh-izr11320-vertragsgenerator-smartlaw-legal-tech-keine-unzulaessige-rechtsdienstleistung-rdg-rechtsberatung/