BGH: Zitate öffentlich zugänglicher Fachaussagen in Werbeanzeige zulässig

Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) muss eine Person, die sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begibt, hinnehmen, dass sie in einem Werbeartikel unter Namensnennung zitiert wird.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Juli 2022 – I ZR 171/21 

Der Kläger, ein Arzt, hatte sich im Jahr 2019 auf einer Pressekonferenz zum sog. Reizdarmsyndrom geäußert. In einer Werbeanzeige für ein probiotisches Produkt wurde der Arzt im Zusammenhang mit der Darstellung von Diagnoseschwierigkeiten unter Nennung seines Namens zitiert – ohne seine vorherige Kenntnis. Nach erfolgloser Abmahnung erhob der Mediziner Unterlassungsklage gegen den Hersteller des Probiotikums, da er seinen Ruf geschädigt sah und nicht in Verbindung mit dem werbenden Unternehmen gebracht werden wollte. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln wiesen seine Klage ab.

Auch vor dem BGH hatte der klagende Arzt keinen Erfolg. Es handele sich insbesondere nicht um einen unbefugten Namensgebrauch, weswegen kein Anspruch auf Unterlassung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB bestünde. Eine unberechtigte Namensanmaßung läge nur dann vor, wenn der Hersteller den Namen des Arztes zur Kennzeichnung des Produkts benutzt hätte. Der Artikel erwecke aber nicht den Eindruck, dass das beworbene Erzeugnis dem Mediziner zuzurechnen sei.

Der I. Zivilsenat verneinte auch einen Unterlassungsanspruch aus den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB, da keine Verletzung des vermögenswerten Zuweisungsgehalts seines Rechts am eigenen Namen vorläge. Zwar begründe die unbefugte Nutzung eines Namens für Werbezwecke grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch. Innerhalb einer Güter- und Interessenabwägung sei hier jedoch das schützenswerte Interesse der Allgemeinheit an Information zu beachten.

Nach der Entscheidung des BGH vermittle der Werbeartikel nicht den Eindruck, dass der Kläger für die Hergabe seines Namens bezahlt werde oder dass er die beworbene Therapie befürworte. Seine (ohnehin im Internet frei verfügbaren) Äußerungen dienten lediglich der Darstellung der Diagnoseschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem genannten Syndrom. Für den Durchschnittsleser sei die Trennung zwischen Information und Anpreisung erkennbar.

Quellen

BGH, Urteil vom 28. Juli 2022 – I ZR 171/21, Reizdarmsyndrom, abrufbar unter:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=ade0ddb7af8a8d06d4e0a862fdf70dc8&nr=131340&pos=0&anz=1&Blank=1.pdf

Beck aktuell, Zitate von öffentlich zugänglichen Fachaussagen erlaubt, Meldung vom 07.10.2022, abrufbar unter:
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-zitate-von-oeffentlich-zugaenglichen-fachaussagen-erlaubt