BGH: Wittenberger Kirchenrelief darf bleiben

Der BGH hat entschieden, dass es bei dem Relief „Wittenberger Sau“ an der Außenfassade der Wittenberger Stadtkirche keine gegenwärtige Rechtsverletzung gebe.

Bundesgerichtshof, Urteil v. 14. Juni 2022 – VI ZR 172/20

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Kläger nicht die Entfernung des Reliefs verlangen kann, da es dafür an der erforderlichen gegenwärtigen Rechtsverletzung fehle. Im Urteil wird festgestellt, dass das Relief in seinem ursprünglichen Zustand von ca. 1290 und auch durch die Ergänzung der Inschrift „Rabini Shem Ha Mphoras“ im 16. Jahrhundert einen „massiv diffamierenden Aussagegehalt“ habe und Judenfeindlichkeit und Hass propagiere. Dieser diffamierende Aussagegehalt habe bis zur Verlegung einer Bronzeplatte 1988 angehalten und der Geltungs- und Achtungsanspruch eines jeden in Deutschland lebenden Juden sei dadurch angegriffen worden.

Jedoch sei dieser rechtsverletzende Zustand durch die Bronzeplatte und einen Schrägaufsteller mit der Überschrift „Mahnmal an der Stadtkirche Wittenberg“ beseitigt worden. Auf diese Weise werde aus dem „Schandmal“ ein Mahnmal in Gedanken an die jahrhundertelange Diskriminierung und Verfolgung von Juden und die Beklagte distanziere sich so von der antijüdischen Aussage des Reliefs. Der BGH geht davon aus, dass die Rechtsverletzung durch das Relief nicht nur durch seine Entfernung, sondern ebenfalls durch die Umwandlung in ein Mahnmal abgestellt werden konnte.

Hintergrund ist die Klage eines Juden, der die Entfernung des Sandsteinreliefs wegen Beleidung gemäß § 185 StGB verlangt hat. Hilfsweise sollte für den Fall, dass die Entfernung aus Denkmalschutzgründen nicht möglich ist, festgestellt werden, dass das Relief den objektiven und subjektiven Tatbestand der Beleidung erfülle.

Mit der Zurückweisung der Revision bestätigt der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Quelle

BGH, Bundesgerichtshof zur Wittenberger Sau, Pressemitteilung Nr. 094/2022 vom 14.06.2022, abrufbar unter: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/2022094.html