BGH: Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch ehrbeeinträchtigenden Blog

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 29. Juni 2021 entschieden, dass sich durch den Betrieb eines einer bestimmten Person „gewidmeten“, ehrbeeinträchtigenden Blogs eine rechtswidrige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ergeben kann, sofern der Blogbetrieb dem Blogger als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung dient.

BGH, Urteil vom 29. Juni 2021 – Az.: VI ZR 52/18

Der Entscheidung liegt ein Streit um den von einem Kleinaktionär betriebenen Blog „www.aktienversenker.de“ zugrunde, der von diesem 2010 ins Leben gerufen wurde und das berufliche Wirken eines Frankfurter Unternehmensberaters, der als Investor an zahlreichen Unternehmen beteiligt ist, über einen längeren Zeitraum in ehrbeeinträchtigender Art und Weise thematisierte. Zu einem früheren Zeitpunkt erwarb der Blogger und Beklagte für 100.000 € Aktien eines dieser Unternehmen, an dem der Kläger beteiligt war. Der Kurs dieser Aktie fiel anschließend bis Ende 2014 auf 0,01 €.

Unter voller Namensnennung berichtete der Kleinaktionär in über 100 Beiträgen zu einem erheblichen Teil über angebliche Fehleingriffe und Peinlichkeiten des Klägers, wobei er diesen wiederholt als „Firmenräuber“, „Börsenhallodri“ oder „Börsenversager“ betitelte. Der Unternehmensberater nahm den Blogger daraufhin auf Unterlassung des Blogbetriebs in Anspruch. Nachdem er damit vor dem Landgericht zunächst Erfolg hatte, wies das Berufungsgericht die Klage anschließend ab, sodass der Unternehmensberater seine Anträge mit der Revision weiterverfolgte.

Mit dem Urteil hat der BGH die vorangegangene Entscheidung des KG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der BGH stellte fest, dass das Kammergericht nicht hinreichend geprüft habe, ob eine versuchte Erpressung unter Verwendung des Blogs als Nötigungsmittel vorgelegen habe. Dies hätte angesichts der Behauptungen des Klägers, der Beklagte habe ihm mehrfach angeboten den Betrieb des Blogs gegen Zahlungen in Höhe von 100.000 € bis 400.000 € einzustellen und die Berichterstattung diene daher lediglich als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung, erfolgen müssen. Träfe dies zu, stehe dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, da der gezielte Einsatz einer Veröffentlichung ein in der Abwägung zu beachtender Umstand darstelle. Sollte das KG indes zu dem Ergebnis kommen, dass der Blogbetrieb nicht als Nötigungsmittel diente, so könne die damit verbundene Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dennoch rechtswidrig sein. Erforderlich sei eine Prüfung, ob der dauerhafte Betrieb des bereits der Form nach auf Herabsetzung der Person des Klägers angelegten Blogs „einem Informationsinteresse der Öffentlichkeit entspricht oder ob der Blog vielmehr vorrangig darauf angelegt ist, den Kläger unabhängig von neuen tatsächlichen Entwicklungen von öffentlichem Interesse in einer möglichst stark belastenden Form ständig mit einem lange zurückliegenden Verhalten zu konfrontieren und dadurch zu zermürben.“

Zusätzlich gab der BGH auch dem Anspruch auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht statt und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass, anders als vom Berufungsgericht angenommen, die bloße Möglichkeit eines Schadenseintritts genüge. Es handele sich nicht um reine Vermögensschäden, die von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts abhingen, sondern um Schäden, die aus der behaupteten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts resultieren.

 

 

Quellen:

BGH, Urteil vom 29.06.2021 – VI ZR 52/18, abrufbar unter: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=120322&pos=0&anz=1

Beck aktuell, KG muss Streit um anprangernden Blogeines Kleinaktionärs neu entscheiden, Meldung vom 3.08.2021, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-kg-muss-streit-um-anprangernden-blog-eines-kleinaktionaers-neu-entscheiden