BGH: Verbreiten eines Polizisten-Fotos zulässig

Ein Bundespolizist, der im Dienst Symbole trägt, die mit einer rechtsnationalen Gesinnung assoziiert werden, muss eine identifizierende Bildberichterstattung darüber hinnehmen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH).

BGH, Urteil vom 08. November 2022 – VI ZR 1319/20

Der Kläger war während eines Einsatzes auf einer Demonstration gegen Neonazis in Sachsen fotografiert worden. Auf dem Bild trägt der uniformierte Polizist zwei Aufnäher an der Brust: Der eine zeigt ein Emblem mit Schwert, Schild und Flügeln samt der lateinischen Aufschrift „Recte faciendo neminem timeas“ („Tue Recht und scheue niemanden“), der andere ein griechisches Omega mit Spartaner-Helm und gekreuzten Schwertern sowie dem griechischen Schriftzug „Molon Labe“ („Komm und hol sie dir“).

Der Fernsehsender „n-tv“ berichtete in zwei Artikeln auf seiner Online-Seite darüber und problematisierte darin das Vorhandensein von Sympathien für rechtsnationale Gruppierungen unter anderem in der Bundespolizei. Der eine Artikel beinhaltete die Abbildung einer Twitter-Nachricht mit dem Foto des Klägers. Dem anderen Artikel war ein Link zu demselben Tweet angefügt. Die Tweets hatte die Veranstalter-Organisation der Anti-Nazi-Demonstration abgesetzt, auf der der Polizist eingesetzt war.

Nach Auffassung des sechsten Zivilsenats war die Verbreitung des Bildes durch das beklagte Medienunternehmen zulässig. Damit bestätigte der BGH die Auffassung des Oberlandesgerichts Naumburg in der Vorinstanz. Die Abbildung des Klägers stelle ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dar. Die erforderliche Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht des identifizierbar abgebildeten Klägers und Pressefreiheit falle zu Lasten des Klägers aus.

Dabei berücksichtigte der BGH, dass der Berichterstattung zu der Problematik ein „erheblicher Informationswert“ zukomme. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit Symbolen, die Zweifel an der Neutralität, Objektivität und Verfassungstreue von Polizisten begründeten, liege im gesellschaftlichen Interesse. Es sei dabei unerheblich, ob der Kläger tatsächlich eine rechtsnationale Gesinnung hege. Der Artikel werfe nur die dahingehende Frage auf, beantworte diese aber nicht.

In die Abwägung stellte der BGH in seinem Urteil weiterhin ein, dass der Kläger lediglich im Bekanntenkreis zu identifizieren gewesen sei. Außerdem habe er durch die Symbole gewollt Aufmerksamkeit erregt. Indem er einen privaten Aufnäher auf einer dienstlichen Uniform trug, habe er die in der Polizeiuniform ausgedrückte Neutralität bewusst aufgehoben und so den Anlass für die Berichterstattung selbst geschaffen. Eine Prangerwirkung durch die Verbreitung des Fotos sah der BGH -obgleich der Kläger sich seit der Veröffentlichung Anfeindungen ausgesetzt sehe- nicht.

 

Quellen

BGH, Urteil vom 08.11. 2022, abrufbar unter: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=131926&pos=5&anz=776

LTO, Meldung vom 06.12.2022, abrufbar unter: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-vizr131920-bundespolizist-neonazi-treffen-foto-presse-veroeffentlichung-persnlichkeitsrechte-sachsen/