BGH: Fotos von gemeinfreier Kunst stehen unter Lichtbildschutz

Eingescannte Fotos von Kunstwerken mit abgelaufenem Urheberrechtsschutz genießen regelmäßig Lichtbildschutz nach § 72 UrhG

Eingescannte Fotos von Gemälden und anderen Museums-Objekten, die keinen Urheberrechtsschutz mehr genießen und damit gemeinfrei sind, dürfen nicht ohne Zustimmung des Fotografen veröffentlicht werden. Denn auch Fotos von gemeinfreier Kunst genießen den Lichtbildschutz nach 72 UrhG. Indem sich der Fotograf Gedanken über Belichtung, Standort und Ausschnitt der Aufnahme gemacht habe, habe er bei der Anfertigung der Fotos eine „persönliche geistige Leistung“ erbracht, die schützenswert sei.

Für selbst gemachte Fotos von gemeinfreien Kunstwerken, die unter Umgehung des Fotografierverbots in einem Museum angefertigt und im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, kann das Museum vom Fotografen als Schadensersatz Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verlangen.

Das entschied der für Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 20.12.2018.

Geklagt hatte die Stadt Mannheim als Betreiberin des Reiss-Engelhorn-Museums gegen einen ehrenamtlichen Mitarbeiter der deutschsprachigen Ausgabe des Internet Lexikons Wikipedia. Dieser hatte Fotografien von gemeinfreien Gemälden und anderen gemeinfreien Objekten aus der Sammlung des Museums in die Mediendatenbank Wikimedia Commons hochgeladen und zum öffentlichen Abruf bereitgestellt. Bei den Fotografien hatte es sich teilweise um Aufnahmen aus der Publikation der Klägerin gehandelt, die der Beklagte zuvor eingescannt hatte. Die übrigen Fotos hat der Beklagte bei einem Museumsbesuch selbst angefertigt und Wikimedia Commons unter Verzicht auf sein eigenes Urheberrecht zur Verfügung gestellt.

Sowohl das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 27. September 2016 – 17 O 690/15) als auch das Oberlandesgericht Stuttgart (Urteil vom 31. Mai 2017 – 4 U 204/16) haben der Klägerin Recht gegeben. Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Urteil des I. Zivilsenats des BGH vom 20.12.2018 – I ZR 104/17

Quellen:

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 195/2018 vom 20. Dezember 2018
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=90674&linked=pm