BGH: Facebook-Regeln zu Löschung und Sperrung wegen „Hassrede“ unwirksam

Der BGH hat entschieden, dass die Geschäftsbedingungen von Facebook bezüglich Löschung und Sperrung wegen Verstößen gegen die Kommunikationsstandards unwirksam sind. Grund ist die fehlende Verpflichtung zur Benachrichtigung und bei Kontosperren zur Anhörung der betroffenen Personen.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20 und III ZR 192/20

Hintergrund der beiden Verfahren sind jeweils Klagen betroffener Nutzer:innen, wegen der Löschung ihrer Beiträge und vorübergehenden Kontosperrungen. Die betroffenen Personen gehen davon aus, dass das soziale Netzwerk nicht dazu berechtigt war, in dieser Form gegen sie vorzugehen.

Der BGH hat entschieden, dass die Nutzungsbedingungen aus April 2018 wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen wurden, allerdings der AGB-Kontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhalten. Zur Prüfung müsse eine Abwägung der wechselseitigen Interessen bzw. kollidierenden Grundrechte erfolgen. Einschlägig sind dabei die Meinungsfreiheit der Nutzer:innen aus Art. 5 GG und die Berufsfreiheit der Plattform aus Art. 12 GG.

Im Rahmen dieser Abwägung hat der BGH festgestellt, dass die Beklagte grundsätzlich die Möglichkeit hat, Kommunikationsstandards festzulegen und bei Verstoß Beiträge zu entfernen und Konten zu löschen. Diese Kommunikationsstandards können auch über die strafrechtlichen Vorgaben (wie Beleidigung, Verleumdung oder Volksverhetzung) hinausgehen. Diese Möglichkeit der Beklagten ist allerdings nur gegeben, soweit sich die Plattform in den Geschäftsbedingungen verpflichtet, betroffene Personen bei Löschung eines Beitrags zumindest nachträglich zu informieren. Hinsichtlich einer Kontensperrung sollen die Nutzer:innen vorab mit Angabe des Grundes informiert und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung gegeben werden.

Da sich die Beklagte nicht zu solchen ausgleichenden Maßnahmen verpflichtet hat, sind die Geschäftsbedingungen unangemessen und damit unwirksam. Demnach war die Klägerin nicht dazu berechtigt, die Beiträge zu löschen und die Nutzerkonten zu sperren.

Quellen

BGH, Pressemitteilung Nr. 149/2021 zu den Urteilen vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20, III ZR 192/20, abrufbar unter: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021149.html?nn=10690868

Beck-aktuell, „Facebook „Gemeinschaftsstandards“ gegen „Hassrede“ unwirksam, Meldung vom 29. Juli 2021, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-facebooks-nutzungsbedingungen-zum-loeschen-von-hassrede–beitraegen-und-kontensperrung-unwirksam