BGH – Das Boot III: Bestimmung des auffälligen Missverhältnisses beim „Bestseller-Paragraph“
BGH – Das Boot III: Bestimmung des auffälligen Missverhältnisses beim „Bestseller-Paragraph“
Bei der Bestimmung des auffälligen Missverhältnisses im Rahmen des „Bestseller-Paragraphen“ kommt es ausschließlich auf das Verhältnis zwischen Urheber und dem in Anspruch genommenen Nutzungsberechtigten an. Bei mehreren Beklagten muss die Vergütung anteilig angerechnet werden.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.04.2021 – I ZR 9/18 (Das Boot III)
Zur Bestimmung des auffälligen Missverhältnissen erklärt der BGH: Verlangt ein:e Urheber:in von mehreren Nutzungsberechtigten eine Nachvergütung bzw. weitere Beteiligung für die Nutzung eines Werkes, da ein Vertragspartner mehreren Dritten unterschiedliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, „muss bei der Prüfung des auffälligen Missverhältnisses jeweils der – zu schätzende – Teil der vereinbarten Gegenleistung, […] ins Verhältnis zu den von diesem Nutzungsberechtigten erzielten Erträgen und Vorteilen gesetzt werden.“ Dies hatte das Berufungsgericht nicht getan, sondern stattdessen im Verhältnis zu jedem Beklagten die vereinbarte Pauschalvergütung in voller Höhe angesetzt.
Daneben bemängelt der BGH teilweise die Anwendung von Tarifverträgen und gemeinsamen Vergütungsregelungen. Zwar billigt er aufgrund der eingeschränkten Überprüfbarkeit durch die Revisionsinstanz grundsätzlich die Anwendung, auch wenn diese nach den Umständen des Streitfalls unmittelbar nicht anwendbar sind. Jedoch halte das konkrete Vorgehen der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Einzelheiten stand. Aufgrund dessen hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Diese Entscheidung stellt das dritte BGH-Urteil im Kontext des Streits um die weitere Vergütung des Chefkameramanns des 1980/81 produzierten Films „Das Boot“ dar. Der Kameramann versucht bereits seit einigen Jahren auf der Grundlage des 2002 eingeführten §32a UrhG eine angemessene weitere Beteiligung an der Verwertung des Films zu erreichen. Dazu nimmt er die Produktionsgesellschaft Bavaria Film als direkte Vertragspartnerin und den WDR bzw. einen Videoverwerter als weitere Nutzungsberechtigte in Anspruch. Mit Erfolg hatte der Kläger auf der ersten Klagestufe gegen die Beklagten einen Auskunftsanspruch über die jeweils erzielten Erträge und Vorteile durchgesetzt (BGH, Urteil vom 22.09.2011 – I ZR 127/10 – Das Boot I). In einem weiteren Verfahren hatte der BGH das Verfahren auch wegen Berechnungsfehler an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 20.02.2020 – I ZR 176/18 – Das Boot II).
Quelle:
BGH, Pressemitteilung zum Urteil vom 01.04.2021 in der Rechtssache I ZR 9/18, Nr. 75/2021 vom 01.04.2021, online abrufbar unter: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/2021075.html?nn=10690868