OLG Hamm zur Auslegung einer Aussage als Volksverhetzung

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen Volksverhetzung gem. § 130 StGB mit Beschluss vom 1. Juni 2021 als unbegründet zurückgewiesen.

OLG Hamm, Beschluss vom 1. Juni 2021 – Az. III-3 RVs 19/21

Der Angeklagte nahm 2018 an einer Veranstaltung der Partei „Die Rechte“ teil. Diese fand zum 90. Geburtstag einer bekannten und mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin statt, zu der der Angeklagte in einem freundschaftlichen Verhältnis stand. Im Rahmen dieser Veranstaltung hielt der Angeklagte eine Rede, in welcher er den Holocaust als Erfindung der Juden darstellte. Er äußerte unter anderem: „Die Juden haben Christus verworfen, haben ihn kreuzigen lassen, sie haben sein Opfer für sich in Anspruch genommen und brauchten einen anderen Mythos. Den haben sie geschaffen und der findet auch seinen Niederschlag in § 130 Strafgesetzbuch.“ Aufgrund dessen wurde der Angeklagte wegen Volksverhetzung (§ 130 StGB) zu einer Geldstrafe in Höhe von 900,00 € verurteilt.

Die Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg. Das OLG Hamm hob in seinem Beschluss hervor, dass eine für den Angeklagten günstigere Auslegungsmöglichkeit ausgeschlossen sei. Zwar sei bei mehrdeutigen Aussagen grundsätzlich ein für den Redner günstiges Verständnis der Aussage zugrunde zu legen, jedoch gelte dies nur, wenn dieses den Umständen nach nicht auszuschließen sei. Neben dem Wortlaut der Äußerung, der eindeutig auf eine Leugnung des Holocaust schließen lasse, seien auch die weiteren Begleitumstände zu berücksichtigen. Zu diesen gehörte, dass der Angeklagte und der überwiegende Teil der Teilnehmenden selbst dem politisch rechtsextremen Spektrum zuzuordnen seien und die Äußerungen im Rahmen einer Solidaritätsveranstaltung einer verurteilten Holocaust-Leugnerin getätigt wurden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände könne der Aussage unter dem Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts keine andere Bedeutung beigemessen werden als die der Holocaust-Leugnung. Eine theologische Aussage der Äußerung könne ebenfalls ausgeschlossen werden. Darüber hinaus betonte das OLG, dass es dem internationalen Recht entspreche, dass die Darbietung von Hass, Antisemitismus und Leugnung des Holocaust nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.  

Der Beschluss des 3. Strafsenats des OLG Hamm ist rechtskräftig.

 

Quellen:

Justiz NRW, Pressemitteilung vom 11.06.2021 zum Urteil des OLG Hamm vom 1.06.2021, abrufbar unter: https://www.justiz.nrw/JM/Presse/presse_weitere/PresseOLGs/11_06_2021_/index.php

Beck aktuell, Auslegung einer Aussage als Volksverhetzung, Meldung vom 14.06.2021, abrufbar unter: https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/olg-hamm-holocaust-leugnen-nicht-von-meinungsfreiheit-erfasst