Rückblick: Mainz Media Forum zum DSA – Ein Vortrag von Prof. Dr. Alexander Peukert

Unter dem Titel: „Der Digital Services Act – Eine kritische Bestandsaufnahme der Vorschläge für ein sicheres Online-Umfeld in der EU“ hielt Prof. Dr. Alexander Peukert am 09. Juni 2021 im Rahmen des Mainz Media Forums einen aufschlussreichen Vortrag über die materiellen Schlüsselregelungen des Gesetzesentwurfs und setzte sich kritisch mit diesen auseinander.

Im Anschluss an die Begrüßung durch Prof. Dr. Matthias Cornils, Direktor des Mainzer Medieninstituts, begann Prof. Peukert, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht mit Schwerpunkt im internationalen Immaterialgüterrecht an der Goethe-Universität Frankfurt, mit einer Einordnung des DSA in den regulatorischen Kontext der EU-Digitalstrategie „Ein Europa für digitale Zeiten“. Um den Teilnehmenden einen Überblick über die komplexen Regelungen des Gesetzesentwurfs zu vermitteln, stellte der Referent eine Zusammenfassung des Gegenstands, Zwecks und der Systematik des Digital Services Acts unter Einbezug der verschiedenen Kapitel voran. Im Hinblick auf den Gegenstand wies er darauf hin, dass der DSA über den Umgang mit illegalen Inhalten hinaus auch AGB-widrige Inhalte der Nutzer:innen ins Auge fasst. Als Kernkapitel wurden die Kapitel zur Haftung von Vermittlungsdiensten (Kap. II) und die Regelungen zu den Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld (Kap. III) besonders herausgestellt. In diesem Zusammenhang ging er zudem näher auf die Abstufung des DSA nach den verschiedenen Dienstearten ein und zeigte anhand von Grafiken den Zusammenhang der Größe und der Verantwortung eines Dienstes mit dem Umfang der Sorgfaltspflichten.

Bevor es in die kritische Bestandsaufnahme ging, verschaffte Prof. Peukert einen kurzen Einblick in sein zugrundeliegendes Vorverständnis aus der Perspektive des Privatrechtlers, wobei er zusätzlich an die Wichtigkeit des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung erinnerte.

Die vorangestellte Kernthese von Peukert lautet:  Der DSA beinhaltet zwar grundsätzlich richtige Ansätze, geht jedoch in vielen Punkten viel zu weit. Die im Ansatz begrüßenswerte Aspekte seien insbesondere die ordnungspolitische Verknüpfung von Macht und Verantwortung sowie die Gewährleistung rechtsgleicher Kommunikationsfreiheit. In Bezug auf die Regelungen des DSA sei trotz der Normierung freiwilliger Maßnahmen bereits die Phase einer regulierten Selbstregulierung erreicht worden. Für den zweiten Aspekt sei entscheidend, dass die Regulierung der AGB alle Vermittlungsdienste betreffe, wobei außerdem unlautere und willkürliche Ergebnisse vermieden werden sollen. Das interne Beschwerdemangementsystem für Online-Plattformen umfasse darüber hinaus auch eine Wiederherstellungspflicht für fehlerhafte Löschungen von Inhalten. Ein besonderes Augenmerk richtete der Vortragende auf das Risikomanagement sehr großer Plattformen, die „erhebliche systemische Risiken“ ermitteln und bewerten müssen. Hierzu gehören unter anderem die Verbreitung illegaler Inhalte und etwaige nachteilige Auswirkungen auf die Ausübung bestimmter Grundrechte.

Im Mittelpunkt des Vortrags stand die anschließende kritische Bestandsaufnahme der Vorschläge für ein sicheres Online-Umfeld. Eingangs stellte Peukert die Frage nach der Beurteilung der „systemischen Risiken“ in den Raum. Er merkte in kritischer Weise an, dass eine Lesart der Regelung möglich sei, die die freie Kommunikation als präventiv regelungsbedürftiges Risiko beurteile. Er wies diesbezüglich auf Satz 1 der Ausführungen des Kommissionsvorschlags und die Regelung des Art. 26 Abs. 1 Satz 2, 3. Spiegelstrich hin, die die vorsätzliche Manipulation des Dienstes durch unauthentische Nutzung oder automatisierte Abnutzung des Dienstes mit nachteiligen Auswirkungen unter anderem auf die gesellschaftliche Debatte als systemisches Risiko einordnet. Fraglich bleibe, wie diese Regelung zu verstehen sei. Kritisch beurteilte Peukert ebenfalls, dass nicht nur illegale, sondern auch „schädliche“ Inhalte, wie „Desinformation“ oder manipulative und missbräuchliche Tätigkeiten zur Erstellung falscher oder irreführender Informationen reguliert würden. Veranschaulicht wurde der problematische Umgang mit Desinformation an dem Beispiel von Informationen zur Corona-Pandemie und wie sich deren Beurteilung durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse innerhalb kurzer Zeit verändern kann.

Als besonders zweifelhaft hob der Referent die Erfassung der digitalen Netzwerkkommunikation durch den DSA hervor. Der DSA mache Trends der Kommunikation sichtbar und regulierbar. Er verwies diesbezüglich auf die verschiedenen vielfältigen Regelungen des Gesetzesentwurfs, wie z.B. die Veröffentlichungspflichten der Diensteanbieter, die Erstellung öffentlich-zugänglicher Archive und die umfassenden Informationspflichten gegenüber Behörden, dem Koordinator für digitale Dienste und der Kommission. Zudem falle auch die mit dem DSA einhergehende Bürokratie der Kommunikationsüberwachung unter die problematischen Aspekte.

Im Anschluss an den Vortrag bestand für die Teilnehmenden die Möglichkeit, Stellung zu nehmen und Fragen zu stellen. Hierdurch entstand ein reger Austausch, der neue Sichtweisen und interessante Überlegungen hervorbrachte. Nach Beantwortung aller offenen Fragen beendete Prof. Cornils die Veranstaltung mit Dank an Prof. Peukert und alle Teilnehmenden.

Die Präsentation zum Vortrag finden Sie hier.


Einladung

Im Dezember 2020 wurde der lang erwartete Entwurf des Digital Services Act (DSA) von der EU-Kommission veröffentlicht. Ziel des Verordnungsentwurfes ist die strengere Regulierung von Online-Plattformen sowie eine europaweite Vereinheitlichung der Regelungen für digitale Dienste. Die Tätigkeit und Verantwortung insbesondere der sozialen Netzwerke und anderer Medienintermediäre in Europa soll mit dem DSA unter eine unionsrechtlich zentralisierte Ordnung gestellt werden. Dieses Gesetzeswerk ist daher von höchster Bedeutung nicht nur für die betroffenen Unternehmen, sondern für jeden in der vernetzten Kommunikationsgesellschaft.

Im Fokus des Entwurfs stehen neben den maßgeblichen Transparenzverpflichtungen für alle Diensteanbieter insbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung von illegalen Online-Inhalten. Dabei sollen die zentralen Grundsätze der E-Commerce-Richtlinie weiterhin bestehen bleiben. Die Rechte der Nutzer sollen gestärkt werden, indem die Bereitstellung einfacher Möglichkeiten zur Meldung illegaler Inhalte für die adressierten Diensteanbieter verpflichtend ist. Von den Plattformen wird im Hinblick darauf die Einrichtung eines einfachen Beschwerde- und Rechtsbehelfsmechanismus gefordert. Sehr große Plattformen werden in besonderem Maße in die Pflicht genommen – vor allem in diesem Regelungsteil der Verordnung finden sich bemerkenswerte, allerdings auch diskussionsbedürftige rechtliche Innovationen.

Prof. Dr. Alexander Peukert, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Goethe-Universität Frankfurt und Lehrbeauftragter im Masterstudiengang Medienrecht der Johannes Gutenberg-Universität, wird in seinem Vortrag einen genauen Blick auf die materiellen Schlüsselregelungen des Digital Services Act im Vergleich zum geltenden Recht werfen und diese aus rechtswissenschaftlicher Sicht kritisch beleuchten.

Im Anschluss an den Vortrag gibt es Gelegenheit für Fragen und Diskussion.

Zu diesem Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe Mainz Media Forum laden wir Sie herzlich ein am

Mittwoch, den 9. Juni 2021 um 18:00 Uhr.

Einladung

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