Rundfunkbeitrag für Zweitwohnung mit Grundgesetz unvereinbar

Bundesverfassungsgericht sieht in Rundfunkbeitragspflicht für Zweitwohnungen einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG – sonstige Vorschriften zum Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß.

Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 18. Juli 2018 entschieden, dass die Erhebung eines Rundfunkbeitrags für Zweitwohnungen gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Insofern müssen die Landesgesetzgeber bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung schaffen. Die übrigen Vorschriften zur Erhebung des Rundfunkbeitrags sind – so die Richter – mit dem Grundgesetz vereinbar.

Dem Urteil zugrunde liegen Verfassungsbeschwerden von Privatpersonen und dem Autovermieter Sixt. Im Kern ging es um die Frage, ob das seit 2013 bestehende Beitragsmodell, das den Rundfunkbeitrag an den Haushalt koppelt, mit dem Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Denn nach der seit 2013 existenten Reglung ist es unerheblich, wie viele Personen in einem Haushalt leben und ob im Haushalt überhaupt ein Rundfunkgerät verwendet wird. Zum anderen ging es um die Frage, ob die Beitragspflicht für Betriebsstätten und nicht ausschließlich privat genutzte Fahrzeuge gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 I GG verstößt.

Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Ausgestaltung der Rundfunkbeitragspflicht mit Ausnahme der Beitragspflicht für Zweitwohnungen mit der Verfassung im Einklang steht. Das Grundgesetz stehe einer Beitragserhebung nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten des Rundfunks als öffentlicher Einrichtung beteilige, die die Möglichkeit eines Vorteils haben. Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk liege der Vorteil in der Möglichkeit, den Rundfunk nutzen zu können. „Die bundesweite Ausstrahlung der Programme gibt jedem in Deutschland die realistische Möglichkeit ihres Empfangs“, argumentierte Vizegerichtspräsident Ferdinand Kirchhof. Dabei komme es ausschließlich auf eine Nutzungsmöglichkeit an. Ob ein Nutzungswille bestehe, sei hingegen unerheblich.

Auch die Beitragspflicht für Betriebsstätten und nicht ausschließlich zu privaten Zwecken genutzte Kraftfahrzeuge stelle keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG dar. Zur Verfassungsbeschwerde des Autovermieters Sixt vertrat das Bundesverfassungsgericht den Standpunkt, die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittle dem Autovermieter einen Vorteil. Die Möglichkeit, in einem Mietwagen Rundfunk wie zum Beispiel Verkehrsmeldungen empfangen werden können, sei ein preisbildender Faktor im Mietwagengeschäft. Deshalb dürften Mietfahrzeuge als Orte, an denen das Rundfunkangebot für gewöhnlich besonders intensiv genutzt wird, mit einem eigenen (Teil-) Beitrag belastet werden. So könnten auch Unternehmer ohne eigene Betriebsstätte von der Beitragspflicht erfasst werden.

In der Erhebung eines Beitrags für Zweitwohnungen hingegen sahen die Richter einen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit Wohnungsinhaber bereits zur Leistung eines Rundfunkbeitrags herangezogen worden seien, sei der Vorteil, den ein Wohnungsinhaber durch die potenzielle Nutzungsmöglichkeit des Rundfunks erhalte, bereits abgegolten.

Das Bundesverfassungsgericht stellte zudem klar, dass es sich bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags nicht um eine Steuer – wie von der Klägerseite vorgetragen –, sondern um einen Beitrag handele, für dessen Erhebung die Länder die Gesetzgebungskompetzenz hätten.

Urteil vom 18. Juli 2018 (- 1 BvR 1675/16 – Rn. (1-157))

Stellungnahme in der ZJS 62018