Prof. Cornils zum European Media Freedom Act – Stellungnahme im CULT

Im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum European Media Freedom Act (EMFA) vom 6. Februar 2023 im Ausschuss für Kultur und Bildung (CULT) des Europäischen Parlaments hat sich Prof. Dr. Matthias Cornils für eine grundlegende Überarbeitung des Verordnungsentwurfs ausgesprochen.

Mit dem European Media Freedom Act soll laut Kommissionsbegründung ein gemeinsamer Rahmen für Mediendienste im Binnenmarkt geschaffen werden. Gleichzeitig soll die Verordnung dem Schutz von Pluralismus und Unabhängigkeit der Medien in der EU dienen. Der Entwurf enthält unter anderem Vorschriften, die Medienschaffende vor politischer Einflussnahme und gegen Überwachung schützen sollen, Vorgaben für Organisation und Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien sowie zur Schaffung von Transparenz von Medieneigentum und Zuweisung staatlicher Werbeausgaben. Auch das Thema Medienkonzentration wird durch den Rechtsakt adressiert.

Cornils bewertete den Vorschlag der Kommission für ein Europäisches Mediengesetz als geradezu „revolutionäre“ Ausweitung von Unionskompetenzen im Bereich der Medienregulierung. Der Verordnungsentwurf greife insgesamt zu stark in die Kulturhoheit der Mitgliedstaaten ein. Hauptziel des EMFA sei die Gewährleistung von medialer Unabhängigkeit und Vielfalt. Auf die Binnenmarktkompetenz könne sich der Unionsgesetzgeber allenfalls punktuell, keinesfalls aber im Hinblick auf den gesamten Rechtsakt, stützen. Für besonders problematisch halte er aus diesem Grund insbesondere die Artikel 3, 4, 5, 6, 21 und 22 des EMFA-Entwurfs. Daher solle entweder erwogen werden, vom Vorschlag endgültig Abstand zu nehmen oder – jedenfalls – eine Überarbeitung eines Großteils der Vorschriften erfolgen.

Die in Artikel 5 des EMFA-Entwurfs vorgesehenen Vorgaben für öffentlich-rechtliche Medien hält Cornils für eine eindeutige Kompetenzüberschreitung durch den Verordnungsgeber, da öffentlich-rechtliche Medien schon nicht in einem grenzüberschreitenden Wettbewerb stünden. Hinsichtlich der in Artikel 6 vorgesehenen Schutzvorkehrungen für individuelle redaktionelle Entscheidungen wies Cornils insbesondere auf den zugunsten von Medieneigentümern wirkenden und durch das deutsche Verfassungsrecht gewährleisteten Tendenzschutz hin. Als problematisch erwiesen sich zudem die medienkonzentrationsrechtlichen Vorgaben in Artikel 21. Auch diese Materie sei der mitgliedstaatlichen Kompetenzsphäre zuzuordnen. Da es sogar im deutschen Recht höchst umstritten sei, ob es neben einer kartellrechtlichen Regulierung überhaupt einer medienspezifischen Kontrolle bedürfe, sollte diese Frage nicht durch bindende Vorgaben auf Ebene des Unionsrechts beantwortet werden. Kritisch sah Cornils auch die im EMFA-Entwurf vorgesehene Aufsichtsstruktur, die durch Einbindung der Kommission das im deutschen Verfassungsrecht garantierte Gebot der Staatsferne verletze.

Die Frage nach der Wahl des Regulierungsinstruments, also ein Ersetzen der Verordnung durch eine Richtlinie, hält Cornils insgesamt für überbewertet. Eine Richtlinie wahre nur dann die mitgliedstaatliche Kompetenz, wenn sie nicht auf eine Vollharmonisierung abziele, sondern mit Umsetzungsspielraum einhergehe. Die bloße Änderung des Regelungsinstruments würde das Kompetenzproblem nicht lösen.

Die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments können Sie hier anschauen. Zentrale Thesen des Statements finden Sie in der Präsentation.

Der European Media Freedom Act war auch Gegenstand des 22. Brüsseler Mediengesprächs, über das wir hier berichten.