BVerfG: Erfolgslose Verfassungsbeschwerde gegen „Sonny Black“-Indizierung

Die Indizierung des Musikalbums „Sonny Black“ verletzt Rapper Bushido nicht in seiner Kunstfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 2022 – 1 BvR 201/20

Im Jahr 2014 erschien das Bushido-Album „Sonny Black“, das 15 Titel enthält, deren Texte auch ganz überwiegend vom Rapper selbst stammen. Die namensgebende Figur des Albums soll auch ein Alias des Rappers sein. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) setzte das Album nach § 18 Abs. 1 JuSchG auf den Index. Mit der Indizierung geht das Verbot einher, das Album gegenüber Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, es zu bewerben und zu verbreiten. Laut Begründung der Prüfstelle wirkten die Texte verrohend, verherrlichten einen kriminellen Lebensstil und diskriminierten Frauen und homosexuelle Menschen.

Rapper Bushido zog gegen die Indizierung vor Gericht. Im Jahr 2019 wurde diese auch durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bestätigt, wogegen Bushido Verfassungsbeschwerde einlegte. Er sah sich durch die Entscheidungen in seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S.1 GG verletzt. Der Eingriff in die Kunstfreiheit sei nicht gerechtfertigt: Die zugrundeliegenden Vorschriften des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) seien verfassungswidrig und zudem verfassungswidrig angewandt worden.

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Rappers mangels Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen. Die angegriffenen Entscheidungen von BPjM und BVerwG verletzten Bushido nicht in seiner Kunstfreiheit. So ergäben sich schon keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 15, 18 JuSchG – insbesondere nicht aus dem Argument, dass das aktuelle Indizierungsverfahren aufgrund des veränderten Musiknutzungsverhaltens über das Internet nicht mehr geeignet sei, den Jugendschutz umfassend zu gewährleisten. Das gelte, so das BVerfG, genauso für das Argument, dass das Jugendschutzgesetz als milderes Mittel gegenüber der Indizierung eines gesamten Trägermediums auch die Indizierung nur einzelner Titel vorsehen müsse.

Auch die Entscheidung des BVerwG sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht zu beanstanden, dass Bundesprüfstelle und Bundesverwaltungsgericht angenommen hatten, dass der Eingriff in die Kunstfreiheit gerechtfertigt sei. Maßgeblich für die Entscheidung der BPjM, hier dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit Vorrang einzuräumen, sei die nachvollziehbare Erwägung, dass sich Bushido in dem indizierten Album von den dem Wortlaut nach unbestritten frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht etwa durch Verfremdung oder satirische Überspitzung oder gar ausdrücklich distanziert hat. Es sei zudem nicht ohne Weiteres erkennbar, dass es sich bei den Texten um im Genre des „Gangsta-Rap“ typische Wortspielereien handeln solle, die keinen Realitätsbezug aufwiesen, so die Argumentation der 2. Kammer des Ersten Senats. Im Gegenteil: Durch die Bezugnahme auf autobiografische Details und durch das künstlerische Konzept von „Sonny Black“ als Alias seiner selbst bestärke Bushido die Identifikation mit diesem Charakter und dessen Verhalten.

Bushido hatte ein Privatgutachten in Auftrag gegeben, demzufolge eine werkgerechte Interpretation zeige, dass alles nur Fiktion und „Sonny Black“ ein lyrisches Ich sei, dessen Aussagen „Gangsta-Rap“-Hörer einzuordnen wüssten. Dem trat das BVerfG entgegen: Die Texte ließen auch erkennen, dass Bushido die Möglichkeit einer solchen Rezeption bewusst sei und er sein künstlerisches Wirken darauf anlege. Die Abwägung dürfe nicht allein auf werkgerechter Interpretation beruhen. Vielmehr müssten auch die realen Auswirkungen eines Kunstwerks berücksichtigt werden.

Quellen

BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 2022 – 1 BvR 201/20, abrufbar unter:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/10/rk20221020_1bvr020120.html;jsessionid=B780459B61923D04387644F87AC9996D.1_cid329

Beck aktuell, Bushido mit Verfassungsbeschwerde gegen „Sonny Black“-Indizierung gescheitert, Meldung vom 02. Dezember 2022, abrufbar unter:
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bverfg-bushido-mit-verfassungsbeschwerde-gegen-sonny-black–indizierung-gescheitert