2. Mainzer Mediengespräch: Internet for free – forever?

Dieser Titel des 2. Mainzer Mediengesprächs versprach einen spannenden Vortrag zum aktuellen Thema der Sicherung intellektuellen Eigentums – insbesondere von Urheberrechten – im Internet. Im Anschluss daran folgte ein Streitgespräch, in dessen Mittelpunkt die Folgen der Kommerzialisierung des Internet standen. Näheres entnehmen Sie bitte der Pressemitteilung (siehe unten).
Zum Symbol für die kontroverse Interessenlage der Internetnutzer wurde in letzter Zeit die Übernahme von Napster durch die Bertelsmann AG. Zwar sollen Kopien von Songs und Texten zu “nichtkommerziellen Zwecken” nach einer geplanten EG-Richtlinie auch weiterhin erlaubt sein, aber die Musikindustrie ist bestrebt, dem privaten Raubrittertum mittels technischer Vorrichtungen z.B. Filtersoftware ein Ende zu setzen. Bedeutet dies das Aus für die Idee des freien und kostenlosen Datenaustauschs im www oder handelte es sich hierbei schon immer um eine Utopie?

Einen auch für den juristischen und technischen Laien sehr gut verständlichen Einblick in das Thema bietet das Dossier der ZEIT Nr. 11/2001.

Die Veranstaltung hat am 25. Juni 2001 stattgefunden.

ERÖFFNUNG UND BEGRÜSSUNG  

Professor Dr. Volker Hentschel 
Dekan des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Professor Dr. Dieter Dörr 
Direktor des Mainzer Medieninstituts
Universitätsprofessor am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften

VORTRAG 

Privatdozent Dr. Herbert Burkert
Universität St. Gallen, GMD St. Augustin

DISKUSSION

Peter Zombik
Geschäftsführer des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft e.V.

Andy Müller-Maguhn
Sprecher des Chaos Computer Clubs e.V. Hamburg und ICANN-Direktor
("Internet Cooperation for Assigned Names and Numbers") 

MODERATION

Professor Dr. Carl-Eugen Eberle
Justitiar des Zweiten Deutschen Fernsehen
Stellvertretender Vorsitzender des Mainzer Medieninstituts e.V. 

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PRESSEMITTEILUNG

Am 25.Juni 2001 lud das Mainzer Medieninstitut zusammen mit dem Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität zu einer Podiumsdiskussion mit dem Thema "Internet for free – forever?" in die Mainzer Universität. Es war die neue Auflage der im vergangenen Jahr mit dem Titel "Was darf Fernsehen?" vor der Big Brother-Problematik gestarteten Reihe der Mainzer Mediengespräche. Das Institut schafft mit seinen Veranstaltungen den Rahmen für die fruchtbare Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen des Medienrechts zwischen Praktikern und Wissenschaftlern. Eine der spannendsten Streitfragen zur Zukunft des Internet war deshalb Thema des 2. Mainzer Mediengesprächs.

Herbert Burkert von der Universität St. Gallen stimmte das Auditorium auf die Problematik ein. Die fortschreitende technische Entwicklung sorgt für neue Fragestellungen im Internet: Einerseits gelingt es heute immer besser, Inhalte zu verschlüsseln oder den Zugang zu ihnen zu blockieren. Dies machten sich Interessenverbände zunehmend zunutze, um Urheberrechte im Internet zu schützen. Andererseits werden die Möglichkeiten, Daten in großem Umfang und ohne gravierende Qualitätsverluste zu kopieren und weiterzuverbreiten, immer besser. Mit der Entwicklung von Verschlüsselungssystemen geht die Entwicklung von Umgehungsmöglichkeiten scheinbar unaufhaltsam einher. Rechte am geistigen Eigentum von Künstlern oder Verlagen stehen der Grundidee eines kostenlosen, freien Internet für alle gegenüber.

Diese gegensätzlichen Positionen wurden unter der Moderation von Carl-Eugen Eberle, Justitiar des ZDF, hochkarätig vertreten. So konnte das Mainzer Medieninstitut Andy Müller-Maguhn, Sprecher des Chaos Computer Clubs e.V., Hamburg und einer der Direktoren von ICANN ("Internet Cooperation for Assigned Names and Numbers") gewinnen, der erst im vergangenen Oktober mit seiner "Regierungserklärung" (F.A.Z. v. 17.10.2000) Aufsehen erregte. Er erklärte dort im Interesse eines freien Internet ohne gesperrte Inhalte den "Krawattis", wie er die Juristen nennt, den "Krieg". Auf der anderen Seite des Podiums vertrat Peter Zombik, Geschäftsführer des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft, die Interessen von Künstlern und Verlagen an effektiven Schutzmechanismen gegen die Verletzung von Urheberrechten.

Während Zombik stolz ist auf ein mittlerweile effektives System, mit dem illegale Inhalte blockiert und "Diebstähle um 80 Prozent reduziert werden können", gilt für Müller-Maguhn die Grundphilosophie eines Netzes mit freiem Informationsfluß. Er wünscht sich Künstler, die Musik um der Musik willen machen, nicht wegen des Geldes. Zombik vergleicht die Musik mit dem Wein, der eine Flasche braucht, um nicht zu verderben und sorgt sich um eine möglicherweise verarmte Kulturszene der Zukunft. Allerdings bleibt für Müller-Maguhn eines klar: "verschlüsselt ihr nur, wir hacken uns da sowieso wieder rein" – und: "Flaschen können wir im Internet nicht gebrauchen!".

Im Schlagabtausch um Madonna's mutmaßliche fünfzehnte Villa, Freibiermentalität und dem Untergang des Abendlandes wurde klar, daß es hier um mehr ging als eine von vielen Streitfragen zum Thema Internet. Den gegensätzlichen Positionen liegen vielmehr fundamental unterschiedliche Gesellschaftsmodelle zugrunde. Das Internet erweist sich einmal wieder als spannendes Forum wie auch Objekt für wirtschaftlichen und sozialen Dialog. Das 2. Mainzer Mediengespräch hat für neue Impulse gesorgt, und es darf nun gespannt beobachtet werden, wie der Streit und nicht zuletzt die Praxis sich in der Zukunft entwickeln werden.